Berlin
Zur Aufrechterhaltung der Hauptstadtkultur fehlt es an allen Ecken an Geld
Übernimmt der Bund nun die marode Staatsoper in Berlin oder nicht? Wann und wie beginnt nach dem Abriss des Palastes der Republik der vom Bundestag beschlossene Bau des Humboldt-Forums einschließlich der rekonstruierten Fassaden des alten Stadtschlosses? Und müsste nicht prinzipiell ein Staatsvertrag zwischen Bund und Berlin über die Finanzierung der Hauptstadtkultur geschlossen werden? Diese Fragen standen im Mittelpunkt als der Kulturauschuss des Deutschen Bundestages sich in der vergangenen Woche - einmal mehr - mit dem konfliktreichen Thema Hauptstadtkultur befasste.
Prinzipiell unstrittig zwischen den Fraktionen im Bundestag ist die besondere Verantwortung des Bundes in dieser Frage. Dessen finanzielle Beteiligung an kulturellen Einrichtungen und Institutionen mit nationalem Interesse - wie etwa das Deutsche Historische Museum, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz oder die Gedenkstätte Deutscher Widerstand - sei eine gesamtstaatliche Aufgabe. Und schließlich sei Berlin das wichtigste "Aushängeschild" Deutschlands - auch kulturell. Dies sind die gängigen Argumente in der Diskussion. Doch wie weit das Engagement des Bundes dabei gehen soll, daran scheiden sich die Geister immer wieder.
Bereits Ende November des vergangenen Jahres hatte die FDP-Fraktion einen Antrag eingebracht, in dem sie einen Staatsvertrag zwischen dem Bund und Berlin forderte, um die gemeinsame Finanzierung der Hauptstadtkultur neu zu regeln. Der Bund sei durch eine Reihe unterschiedlicher Gesetze - etwa durch den Hauptstadtkulturvertrag aus dem Jahr 2003 - an verschiedenen kulturellen Einrichtungen und Projekten in Berlin beteiligt. Zudem übersteige der Anteil des Bundes mit jährlich circa 425 Millionen Euro bei weitem den Kulturhaushalt des Landes Berlin, der im Jahr 2006 bei circa 375 Millionen gelegen habe. Die unterschiedlichen Beteiligungsformen müssten in einem transparenten und systematischen Gesamtkonzept neu gefasst werden. Abschließend sollten dann der Bundestag und das Berliner Abgeordnetenhaus über den zu beschließenden Staatsvertrag beraten.
Diese Forderung stieß in der Sitzung des Kulturausschusses bei den anderen Fraktionen jedoch überwiegend auf Ablehnung. Auch Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU), der zusammen mit dem Berliner Staatssekretär für kulturelle Angelegenheiten, André Schmitz (SPD), an der Sitzung teilnahm, erteilte dem Anliegen eine Absage. Er sehe weder für den Bund noch für Berlin einen Vorteil in einem solchen Staatsvertrag. Die Frage von Seiten der FDP-Fraktion, ob sich die Notwendigkeit eines Staatsvertrages nicht aus der Berlin-Klausel nach Artikel 22 des Grundgesetzes ergebe, verneinte Neumann ebenso. Diesem Standpunkt Neumanns schloss sich auch André Schmitz an.
In der abschließenden Abstimmung lehnte der Kulturausschuss den FDP-Antrag mit den Stimmen der Koaltionsfraktionen und der Linken bei Enthaltung der Grünen ab.
Einen der Konflikte um die Hauptstadtkulturfinanzierung bildet derzeit die Berliner Staatsoper. Das hoch verschuldete Berlin hatte den Bund wiederholt um eine Übernahme der historischen Staatsoper gebeten. Dies lehnt die Bundesregierung zwar weiterhin ab, hatte Berlin zuletzt aber 150 Millionen Euro für die dringende Sanierung angeboten. Im Gegenzug verlangt der Bund von Berlin allerdings eine Aufstockung des jährlichen Zuschusses in zweistelliger Millionenhöhe. Derzeit erhält die Staatsoper rund 37 Millionen Euro im Jahr vom Land Berlin.
Diskutiert wird derzeit auch über einen Kompromissvorschlag von Norbert Lammert (CDU). Der Bundestagspräsident hatte angeregt, dass der Bund die Immobilie übernehmen und dann dem Land Berlin als Betreiber der Oper überlassen könnte. Neumann wollte gegenüber dem Kulturausschuss diese Option zwar nicht ausschließen, erklärte jedoch zugleich, dass er sich in dieser Angelenheit nicht abschließend äußern wolle, da die Verhandlungen zwischen Berlin und dem Bund noch andauern.
Berlins Staatssekretär Schmitz konnte die Bundestagsabgeordneten jedoch zumindest darüber informieren, dass eine Insolvenz der Staatsoper in den nächsten zwei Jahren nicht drohe. Dies sei durch den Haushalt des Landes gesichert. Schmitz versicherte dem Ausschuss, dass Berlin auch in Zukunft für den Erhalt seiner drei Opernhäuser - Staatsoper, Deutsche Oper und Komische Oper - einstehe. Allerdings, so schränkte er ein, könne "bei der derzeitigen schlechten Finanzlage die nationale und internationale Konkurrenzfähigkeit aller drei Opern nicht gewähleistet werden".
André Schmitz betonte gegen über den Parlamentariern, dass Berlin auch seine Zusage für den Bau des Humboldt-Forums, das nach dem Abriss des Palastes der Republik auf dem Berliner Schlossplatz entstehen soll, einhalten werde. Das Land werde sich wie vorgesehen mit 32 Millionen Euro an den Baukosten des Forums beteiligen, dessen Außenfassade eine Rekonstruktion des zerstörten, barocken Berliner Stadtschlosses bilden soll.
Doch auch um den Bau des Humboldt-Forums bahnt sich in der Hauptstadt bereits neuer Ärger an. Der Haushaltsauschuss des Bundestages forderte in der vergangenen Woche das zuständige Bundesbauministerium auf, erneut einen ausführlichen Bericht zu dem Großprojekt vorzulegen. Die Haushälter befürchten, dass die anvisierten Baukosten von insgesamt 480 Millionen Euro nicht zu halten sind. Zudem sei es nicht sicher, ob der Verein der Schlossfreunde die versprochenen 80 Euro Millionen Spendengelder wirklich aufbringen könne.