Es ist kein pures Vergnügen, dieses schaudererregende Buch zu lesen. Doch es ist ein bedeutsamer Beitrag zur Aufarbeitung der Diktaturen des vergangenen Jahrhunderts. Der Historiker Peter Hartl zeigt an sieben menschlichen Schicksalen, dass die blutigen Regimes des 20. Jahrhunderts in ihrer rücksichtslosen Brutalität auch - oder gerade - vor Kindern keinen Halt machten.
Der Adoptivsohn linientreuer Stasi-Mitarbeiter erfährt, dass das SED-Regime seine Eltern auf dem Gewissen hat. Der Hitlerjunge, der zum Judenhass erzogen wurde, erfährt, dass er selbst jüdischer Abstammung ist. Die Frau, die als junges Mädchen aus Brandenburg verschleppt, in ein sowjetisches Lager gesteckt und anschließend in einer Pflegefamilie untergebracht wurde, weiß bis heute nicht, wie sie heißt, wer ihre Eltern waren oder wie alt sie ist.
Das Buch zeigt vor allem eines: Für diese Menschen, deren Welt schon in den ersten Lebensjahren zusammenbrach, gibt es keine Vergangenheit. Das Geschehene ragt in ihr Leben hinein in Form der erbarmungslosen Frage: "Wer bin ich wirklich?".
Belogen, betrogen und umerzogen. Kinderschicksale aus dem 20. Jahrhundert.
Deutscher Taschenbuch Verlag,
München 2007; 220 S., 15 ¤