Am 1. Juli 2006 ist die neue Zu-
ckermarktordnung in Kraft getreten. Um den Markt und damit den
Wettbewerb zu beleben, sind bei Preiseinbrüchen die bisherigen
staatlichen Stützungskäufe abgeschafft.
Interventionspreise werden durch einen Referenzpreis ersetzt, die
staatliche Lagerhaltung übernimmt die Privatwirtschaft.
Eingeräumt ist eine vierjährige Übergangszeit mit
Ausnahmeregelungen und für den Laien schwer durchschaubaren
Einzelbestimmungen.
Der taz-Redakteur Stephan Kosch listet
detailliert auf und begründet, welche Auswirkungen die neue
Zuckermarktordnung haben wird. Da die Zuckerpreise sinken werden,
muss die Mehrzahl der 47.000 deutschen Zuckerrübenbauern, so
seine Be- fürchtung, mit erheblichen Einkommenseinbußen
rechnen, in vielen Fällen mit Existenzvernichtung.
Landwirtschaftliche Großbetriebe hingegen werden problemlos
überleben und sich erheblich vergrößern
können. Zu den Profiteuren zählen infolge sinkender
Zuckerpreise auch Nahrungsmittelproduzenten sowie im Zuge des zu
erwartenden Konzentrationsprozesses die Großbetriebe. Bereits
in den vergangenen 15 Jahren ist die Zahl der Zuckerfabriken in
Deutschland von 79 auf 28 gesunken und hat sich die Zahl der
Beschäftigten von 9.200 auf 6.200 reduziert. Dieser Trend wird
sich nun noch erheblich verstärken.
Ausbeutung
Ähnlich gestaltet sich die Situation in den Ländern
des Südens. Brasilien, mit einer jährlichen
Zuckerproduktion von 26 Millionen Tonnen, wird seine führende
Weltmarktposition festigen, weil die Menschen dort auf den
Plantagen rücksichtslos ausgebeutet werden und es keinen
Umweltschutz gibt. Die Kleinbauern bleiben auf der Strecke.
Eine Alternative für wegbrechende
Einnahmen der Zuckerproduzenten könnte der Ausbau des
Bioethanol-Geschäfts werden. Steigende Ölpreise
erhöhen die Wettbewerbstauglichkeit des
Rübensprits.
Experten halten es für möglich,
dass man EU-weit 20 Millionen Tonnen Zuckerrüben für die
Spritherstellung nutzen und dafür zehn bis 15 Prozent der
Ackerfläche zur Verfügung zu stellen könnte. Aber
das, so mahnt Kosch nachdrücklich, würde wiederum neue,
kaum lösbare Umweltprobleme schaffen.
Stephan Koch:
Zoff um Zucker. Der süße Stoff
und die Globalisierung.
Parthas Verlag, Berlin 2006; 151 S.,
19,80 ¤