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Informationen über dieses Dokument: Seitentitel: Klonen verstößt gegen die Menschenwürde
Gültig ab: 16.10.2004 00:00
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Klonen verstößt gegen die Menschenwürde

Bild: Sigrid Graumann
Sigrid Graumann.

von Sigrid Graumann

Ist Forschungsklonen ein Verstoß gegen die Menschenwürde?

„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“, so beginnt das Grundgesetz. Menschenwürde zeichnet den Menschen dadurch aus, nicht auf einen Wert für etwas anderes reduzierbar zu sein. Sie ist Voraussetzung, Rechte zu besitzen, und zugleich Verpflichtung, grundlegende Rechte anderer zu achten. Und sie ist das oberste Prinzip, das Moral und Recht verbindet. Falls nun das Klonen ein Verstoß gegen die Menschenwürde darstellt, wäre es grundsätzlich inakzeptabel.

Ein Verfahren mit zwei Zielen

Beim Klonen wird der Kern einer Körperzelle in eine entkernte Eizelle eingeschleust und diese im Labor zur Entwicklung gebracht. Wird der geklonte Embryo in die Gebärmutter einer Frau überführt, kann ein genetischer Zwilling desjenigen Menschen entstehen, von dem der Zellkern stammt. Das Fortpflanzungsklonen wird nahezu einhellig abgelehnt.

Aus dem geklonten Embryo können aber auch Stammzelllinien hergestellt werden. Ziel des Forschungsklonens ist, verschiedene Zelltypen zu züchten, mit denen – so die Idee – geschädigte Gewebe regeneriert werden können. Das alles ist Zukunftsmusik. Umstritten ist, ob jemals solche Therapien entwickelt werden und ob dies ein Verstoß gegen die Menschenwürde wäre.

Gibt es einen Bewertungswiderspruch?

Die Menschenwürde ist immer dann berührt, wenn in ihr begründete Grundrechte verletzt werden. Grundrechte können aber kollidieren, wie beim Schwangerschaftskonflikt das Lebensrecht des Ungeborenen mit dem Recht auf körperliche und psychische Integrität der Frau. Von einer Verletzung der Menschenwürde sprechen wir aber nur dann, wenn Grundrechte in systematischer Weise verletzt werden. Das ist beim Abbruch einer ungewollten Schwangerschaft nicht der Fall. Eine Parallele zum Recht der Frau, über einen Abbruch selbstbestimmt zu entscheiden, kann daher nicht, wie manche glauben, zur Rechtfertigung des Forschungsklonens gezogen werden. Der entscheidende Unterschied ist hier, dass die Embryonen im Labor vorsätzlich für die Forschung erzeugt werden. Das ist ein paradigmatischer Fall von totaler Instrumentalisierung und damit grundsätzlich inakzeptabel – zumindest dann, wenn geklonte Embryonen tatsächlich Menschenwürde besitzen. Dazu kommt, dass Frauen als Rohstoff­ressource missbraucht würden, um die unzähligen Eizellen für Zellersatztherapien zu gewinnen.

Menschenwürdeschutz für geklonte Embryonen?

Seit dem Klonschaf Dolly wissen wir, dass geklonte Embryonen voll entwickelte Lebewesen werden können. Damit sind sie, moralisch gesehen, wie „normale“ Embryonen zu behandeln. Nun wird oft bestritten, dass menschlichen Embryonen Würde zukommt, weil ihnen für die Personalität wesentliche Eigenschaften fehlen. Auch bei Immanuel Kant (1724 bis 1804), dem Wegbereiter der Aufklärung, ist die Menschenwürde an ein Personalitätskriterium gebunden, die Vernunft. Dabei ist aber unerheblich, dass manche Menschen dieses Kriterium nicht erfüllen. Entscheidend ist, dass die Vernunftfähigkeit im Menschen als Menschen angelegt ist. Menschen­würde ist folglich weder teilbar noch abstufbar. Sie kommt daher auch Embryonen zu.

Wir tun gut daran, wie ich meine, den Grundsatz der Unteilbarkeit der Menschenwürde nicht aufzugeben. Sonst könnte auch anderen Menschen – Säuglingen, koma­tösen, dementen und schwer behinderten Menschen – Würde abgesprochen werden. In diesem Sinn hat die Klondebatte auch eine symbolische Bedeutung. Auch wenn noch so hochrangige Ziele im Spiel sind, muss jedenfalls nicht nur das Fortpflanzungsklonen, sondern auch das Forschungsklonen als klarer Verstoß gegen die Menschenwürde angesehen werden.

Foto: privat
Erschienen am 18. Oktober 2004

DR. SIGRID GRAUMANN, Biologin und Philosophin, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut Mensch, Ethik und Wissenschaft, Berlin. Sie ist Mitglied der Enquete-Kommission Ethik und Recht der modernen Medizin sowie der Zentralen Ethikkommission der Bundesärztekammer. Ihre derzeitigen Forschungsschwerpunkte sind ethische Fragen der Biomedizin sowie Ethik und Behinderung. Weitere Informationen unter www.imew.de.

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