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Gültig ab: 31.05.2006 10:37
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Bild: Vor der Bundestagswahl 1998: Unser Kandidat mit PDS-Parteichef Lothar Bisky (links) und Gregor Gysi (rechts).
Vor der Bundestagswahl 1998: Unser Kandidat mit PDS-Parteichef Lothar Bisky (links) und Gregor Gysi (rechts).

Idol und Aushängeschild

Wer war’s? fragt BLICKPUNKT BUNDESTAG und lädt Sie ein, Persönlichkeiten der Parlamentsgeschichte wieder zu begegnen. In jeder Ausgabe stellen wir jeweils ein Mitglied des Bundestages vor, das in der Geschichte Deutschlands eine bedeutende Rolle gespielt hat. Sein Name wird nicht genannt. Lüften Sie sein Inkognito und gewinnen Sie eine Reise für zwei Personen nach Berlin.

Er war einer der wenigen Volkshelden, den dieser Staat hatte, vielleicht sein einziger. Durch seine sportlichen Erfolge, seine Bescheidenheit, seine Fairness wurde er zum Idol vieler Menschen, diente zugleich aber als Aushängeschild für ein politisches und gesellschaftliches System, dem er nie abgeschworen hat. Er gehörte lange Jahre der Volkskammer der DDR und für eine Wahlperiode auch dem Bundestag an.

Der Mann, den alle Welt nur unter seinem schon als Schüler erworbenen Spitznamen kennt, wird 1931 in einem Ort vor den Toren Magdeburgs geboren. Der Sohn eines Ziegeleiarbeiters wächst zusammen mit seinen vier Geschwistern in einfachen Verhältnissen auf. Er macht eine Lehre als Mechaniker in einem sechs Kilometer entfernten Ort. Auf der Fahrt dorthin liefert er sich mit einem uralten Tourenrad Wettfahrten mit dem Linienbus, bei denen er bald die Nase vorn hat.

1950 gewinnt er sein erstes regelrechtes Rennen. Fünf Jahre später erfüllt er sich seinen Jugendtraum und entscheidet als erster Deutscher die „Friedensfahrt“ für sich. Es folgt eine lange Reihe sportlicher Erfolge. Gemeinsam mit Sportlern aus dem anderen deutschen Staat gewinnt er 1956 in Melbourne die Bronzemedaille im Mannschaftszeitfahren. Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre steht er im Zenit seiner Laufbahn. Er entscheidet erneut die Friedensfahrt für sich, wird zweimal Straßenrad-Weltmeister der Amateure und erobert endgültig die Herzen der Fans, als er auf dem heimatlichen Sachsenring den möglichen dritten Welttitel für den Sieg eines Mannschaftskollegen „opfert“. 1964 gibt er seine sportliche Laufbahn auf und widmet sich seinem Sport als Trainer und Funktionär.

Der beliebteste Sportler seines Staates legt Wert darauf, dass er als echter Amateur neben seinem Sport immer einem Beruf nachgegangen ist. Im Handbuch des Bundestages listet er einen lückenlosen beruflichen Werdegang auf: Sachbearbeiter und technischer Zeichner, Diplomsportlehrer, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Trainer eines Sportclubs, schließlich stellvertretender Vorsitzender eines Bezirksvorstandes der Sportorganisation seines Landes. Von seinen sportlichen Erfolgen steht hier kein Wort.

Anders in seiner Autobiografie: Da beschreibt er ausführlich seine Siege, die seinem Staat auch dazu dienten, den Alleinvertretungsanspruch der Bundesrepublik international in Frage zu stellen. Seine Erinnerungen an seine Zeit als Mitglied der SED (seit 1959) und der Volkskammer (von 1958 bis 1990) bleiben dagegen blass. In einer Besprechung des Buchs in der Wochenzeitung „Die Zeit“ wird seine politische Rolle mit den Worten umschrieben, der Rennfahrer habe dem Regime „als perfekter Transmissionsriemen zwischen Ideologie und Arbeiterschaft“ gedient.

Nach der politischen Wende verliert der vom Erfolg Verwöhnte seinen Arbeitsplatz und muss zunächst mit einer kleinen Rente auskommen. Er gilt als einer der „Verlierer der Einheit“. Doch er bleibt, wie das Magazin „Olympisches Feuer“ damals konstatiert, im Gegensatz zu manch anderen „ein Siegertyp“. Er gewinnt seinen Kampf für den Erhalt der 1948 ins Leben gerufenen Friedensfahrt. Er gründet ein Kuratorium, putzt Klinken, um Förderer zu gewinnen. Er schafft es, dass das Rennen weiterlebt, auch wenn hier jetzt die Profis am Start sind.

1998 wird er für die PDS in den Bundestag gewählt, wo ihn seine Fraktion zum sportpolitischen Sprecher wählt. Er setzt sich insbesondere für den seiner Meinung nach im Vergleich zum Spitzensport vernachlässigten Breitensport ein.

Der heute 75jährige ist verheiratet und hat vier Kinder. Sein Sohn Jan wird ebenfalls Radrennfahrer, gewinnt bei den Olympischen Spielen 1988 mit seiner Mannschaft eine Goldmedaille. Nach der Wende wechselt er zu den Profis, was anfangs das Verhältnis zu seinem Vater trübt, der immer den Amateursport hoch gehalten hat. Der lebt immer noch in seinem Geburtsort, kümmert sich mit Freunden um ein kleines Museum zur Geschichte der Friedensfahrt und steigt am Wochenende gern aufs Rennrad.

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Einsendeschluss: 20. Juni 2006.
Unter den richtigen Einsendungen werden fünf Preise verlost. Der Hauptgewinn ist eine Reise für zwei Personen nach Berlin.

Die Lösung unseres Rätsels in Heft 4/06 lautet: Liselotte Funcke.
Eine Reise nach Berlin hat Wolfgang Rath aus Teugn gewonnen.

Foto: Picture-Alliance
Erschienen am 8. Februar 2006


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