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Gültig ab: 05.08.2008 10:19
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Geburtstag, Gelöbnis, Schneegestöber

Hartwig Bierhoff
Hartwig Bierhoff
© Thomas Köhler/photothek.net

Begegnungen im Parlamentsviertel

Hartwig Bierhoff, Leiter der Online-Dienste, ist 65 und hört auf. Außerdem: Das Gelöbnis vor dem Reichstagsgebäude, eine Ausstellung über FJS und eine Diskussion über Rechtsextremismus.

Fallbeilgeburtstage
Im Untergeschoss des Jakob-Kaiser-Hauses des Bundestages feiert Hartwig Bierhoff seinen 65. Geburtstag. Für den Leiter des Referats Online-Dienste und Parlamentsfernsehen bedeutet dieser Termin den Abschied vom Bundestag. Parlamentspräsident Norbert Lammert sagt, angesichts solcher „Fallbeilgeburtstage” überkomme ihn ein Anflug von Wehmut. Bierhoff und er hätten auf gleicher Wellenlänge ein gemeinsames Anliegen verfolgt: Es sei ihnen darum gegangen, das Parlament als Zentrum der politischen Auseinandersetzung ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken.

Die Gäste — Abgeordnete, Kollegen, Freunde, Mitarbeiter und Presseleute — kennen Bierhoff, den langjährigen Pressesprecher des Deutschen Bundestages, meist schon viele Jahre. Etwa Werner Sonne von der ARD: „Ich kenne Bierhoff schon ewig. Und es hat sich immer gelohnt, ihn zu kennen.” Oder der langjährige Bundestagsabgeordnete und Kieler Oberbürgermeister Norbert Gansel (67). Der meint, der Jubilar habe schon vor 35 Jahren so ausgesehen wie heute. Dass aber auch Bierhoff in dieser Zeit ein wenig älter geworden ist, zeigt eine Szene aus einem Film, einem Geburtstagsgeschenk. Da sieht man den mit langem dunklem Haar gezierten Studenten Bierhoff Anfang der 70er-Jahre in einer Sendung von Hans-Joachim Kulenkampff. Der Quizmaster will wissen, was Bierhoff denn mal werden wolle. Das wusste er damals noch nicht — er konnte ja auch kaum ahnen, mal Chef des Parlamentsfernsehens zu werden.

Kultur des Hinsehens
In der brandenburgischen Landesvertretung zeichnet der Nachrichtensender Inforadio eine Podiumsdiskussion über Rechtsextremismus auf. Einer der Zuhörer ist der Diplomingenieur Sokrates Giapapas. Er ist in Athen geboren, hat in Berlin studiert und kam 1996 als 59-Jähriger nach Brandenburg. Dort baute er so erfolgreich ein Unternehmen auf, dass er nach acht Jahren Ehrenbürger der Stadt Schwarzheide wurde. Er habe gespürt, dass in Ostdeutschland „eine andere Luft weht”. Der Kampf gegen Rechtsextremismus müsse im Kindergarten beginnen. Wenn man deutsche und ausländische Kinder zusammenbringe, werde den Neonazis der Boden entzogen.

So ähnlich sieht das auch Hajo Funke (63), Professor an der Freien Universität Berlin: „Prävention fängt im Kindergarten an.” Er befasst sich seit 1989 mit dem Rechtsextremismus. Anlass war der Einzug der Republikaner ins Berliner Abgeordnetenhaus. Funke betont, Neonazis hätten ein doppeltes Gesicht, sie gäben sich gern als Biedermänner. Thomas Weidlich, Jahrgang 1962, ist eigentlich Lehrer. Seit fünf Jahren ist er Mitglied in einem mobilen Beratungsteam in Potsdam und arbeitet mit vielen Menschen zusammen, die sich gegen Rechtsextreme engagieren. Ihr Einsatz habe dafür gesorgt, dass in den letzten Jahren eine „Kultur des Hinsehens und der Thematisierung” entstanden sei.

Auch der Hausherr der brandenburgischen Landesvertretung, Staatssekretär Gerd Harms (55), sieht einen Wandel in der Auseinandersetzung mit den Rechtsextremisten. Während man früher oft reflexartig von „Einzelfällen” gesprochen habe, habe man zumindest in Brandenburg Ende der 90er-Jahre erkannt: „Wir haben ein Problem.” Das habe vor zehn Jahren zum Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg” geführt.

Im Schneesturm
In der Berliner Vertretung des Freistaates Bayern wird eine Ausstellung über Franz Josef Strauß eröffnet. Anlass ist der 20. Todestag des bayerischen Vollblutpolitikers. Gastgeber Markus Söder, Staatsminister für Bundesund Europaangelegenheiten, erzählt, er habe als Jugendlicher ein Riesenposter von Strauß in seinem Schlafzimmer gehabt. Edmund Stoiber sagt, Strauß sei sein „prägender Lehrmeister” gewesen und zitiert immer wieder seinen Vorvorgänger als Ministerpräsident. Zum Beispiel mit dessen Wort über die Volksnähe der CSU: „Wir müssen uns in der Kaviar-Etage bewegen können. Aber zu Hause sind wir in der Leberkäs-Etage.”

Auch hier wird ein Film mit Szenen aus der Vergangenheit gezeigt: „FJS” steuert mit eigenen Händen eine kleine Maschine durch einen Schneesturm nach Moskau, wo er als erster deutscher Spitzenpolitiker Michail Gorbatschow treffen wird. In der Cessna saß auch Stoiber: „Schon der Flug mit Strauß im Cockpit war ein Abenteuer.” 

Text: Klaus Lantermann
Erschienen am 13. August 2008


Musikkapelle der Bundeswehr vor dem Reichstagsgebäude
© DBT/Werner Schüring

Trommelwirbel
vor dem Bundestag: Am 64. Jahrestag des gescheiterten Attentats von Wehrmachtsoffizieren auf Adolf Hitler legten 500 Bundeswehrrekruten am 20. Juli ihr öffentliches Gelöbnis ab. Seit 1999 findet der feierliche Appell zum Jahrestag in Berlin statt, in diesem Jahr zum ersten Mal vor dem Reichstagsgebäude auf dem Platz der Republik. Hauptredner Helmut Schmidt, der vor über 70 Jahren selbst als Wehrpflichtiger eingezogen wurde, erinnerte an seine eigene Zeit als Soldat der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg und mahnte: „Auch wir Deutschen bleiben verführbar.” Der fast 90-jährige Altkanzler machte an die Rekruten gewandt aber auch den Unterschied zu damals deutlich: „Dieser Staat wird euch nicht missbrauchen. Denn die Würde und das Recht des einzelnen Menschen sind das oberste Gebot.”


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