Kontroverse um zivil-militärische Zusammenarbeit
Berlin: (hib/ANK) Verschiedene Positionen zur zivil-militärischen Zusammenarbeit, insbesondere im Hinblick auf konkrete Erfahrungen mit den Provincial Reconstruction Teams (PRTs) in Afghanistan, wurden am Mittwoch bei einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung diskutiert. Primär verfolgt zivil-militärische Zusammenarbeit die Sicherung des Truppenumfeldes durch vertrauensbildende Maßnahmen. Auf diese Weise könne die notwendige Sicherheit für zivile Projekte hergestellt werden, argumentieren die Befürworter. Die Gegenseite befürchtet Sicherheitsrisiken durch das Vermischen von zivilen und militärischen Motiven.
Das "zivile Auftreten" der Militärs, zum Beispiel durch die Verwendung weißer ungekennzeichneter Fahrzeuge, erhöhe das Gefahrenrisiko für zivile Akteure, kritisierte der Generalsekretär der Deutschen Welthungerhilfe, Hans-Joachim Preuß. Den Hilfsorganisationen gelinge es kaum noch, sich glaubwürdig vom Militär abzusetzen. "Dadurch werden wir in den Sog des Vertrauensverlustes auf Seiten der Bevölkerung hineingezogen", gab Preuß zu bedenken. Zivil-militärische Zusammenarbeit sei definitiv kein humanitäres, sondern ein militärisches Instrument mit einer anderen Zielsetzung. Dennoch könne keine Seite Afghanistan allein befrieden, aber eine "Konzentration des Militärs auf seine Kernaufgaben" sei hilfreich.
Aus Sicht der Bundeswehr ist zivil-militärische Zusammenarbeit "zwingende Notwendigkeit", erklärte Norbert Falkowski, Oberstleutnant im Generalstab des Bundesministeriums der Verteidigung. Zivil-militärische Missionen dienten dem Wiederaufbau ziviler Strukturen und seien fester Bestandteil von Bundeswehr-Einsätzen. Die PRT-Einheiten nutzten zivile Fahrzeuge, da diese billiger zu beschaffen seien. Die Fahrzeuge seien aber als militärisch gekennzeichnet. "Eine Verwechslungsgefahr besteht dennoch", räumte Falkowski ein. In Zukunft werde man aber frühzeitiger zivile Partner in die Einsatzplanung einbeziehen, um solche Probleme zu vermeiden.
"Zivile Akteure werden durch eine Zusammenarbeit mit PRTs von den militärischen Akteuren abhängig", kritisierte die Vorsitzende des Bundes für Soziale Verteidigung, Ute Fickh-Krämer. Durch ein gemeinsames Auftreten würden zivile Fachkräfte von der Bevölkerung als "potenziell bedrohlich" wahrgenommen. Die Ziele und Handlungsweisen der verschiedenen Akteure in Afghanistan widersprächen sich, was zu gravierenden Problemen führe. Um wirklich etwas für das Land zu tun, forderte Finckh-Krämer, die Legalisierung des Opiumanbaus, zum Beispiel zu medizinischen Zwecken, zu prüfen.
Stephan Klingebiel vom Deutschen Institut für Entwicklungshilfe, stellte fest, dass zivil-militärische Zusammenarbeit Ausdruck eines sich wandelnden Sicherheitsbegriffs sei. Es existiere eine zunehmende Zahl von Schnittstellen zwischen Entwicklungspolitik und militärischen Akteuren. "Es gibt einen allgemeinen inhaltlichen Nexus", sagt Klingebiel. So haben zum Beispiel fehlende Entwicklungserfolge Auswirkungen auf die Sicherheitslage. Weitere mögliche Schnittstellen seien unter anderem Aus- und Fortbildung und finanzielle Ressourcen. Die bisherige Verknüpfung sei jedoch unbefriedigend, sie erfordere gemeinsames Planen, aber auch eine "eindeutige Arbeitsteilung". Durch ein zu enges Verhältnis von Entwicklungs- und Sicherheitspolitik entstünden zusätzliche Sicherheitsrisiken für ziviles Personal.
In einer schriftlich vorgelegten Stellungnahme lobt die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit GmbH (GTZ) das "koordinierte Agieren" mit den PRTs. In Nord-Afghanistan sei eine hohe Akzeptanz der Bundeswehr zu beobachten, stellt die GTZ fest. Das deutsche PRT-Modell habe sich bewährt, eine Konkurrenzsituation zwischen militärischen und zivilen Aufgaben sei nicht erkennbar.
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