Mischanbau von Kulturpflanzen rückt wieder in den Fokus
Berlin: (hib/VOM) Der Fortschritt in der Pflanzenzüchtung und die hohe Effizienz der Produktion durch Düngung und Pflanzenschutzmittel haben den Mischanbau zugunsten des so genannten Reinanbaus weitgehend aus der herkömmlichen Landwirtschaft verdrängt. Wissenschaftliche Untersuchungen und praktische Erfahrungen lassen jedoch den Schluss zu, dass der Mischanbau von Körnerfrüchten dazu beitragen könnte, die herkömmliche Agrarproduktion umweltfreundlicher zu gestalten. Zu diesem Ergebnis kommen die Wissenschaftler des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) in ihrem ersten Projektbericht über "alternative Kulturpflanzen und Anbauverfahren" ( 16/3217). Der federführende Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung hat ihn zusammen mit dem zweiten Projektbericht über "Precision Agriculture" ( 16/3218) vorgelegt. Gegenstand des Technikfolgenabschätzungsprojekts ist es, die ökonomischen und ökologischen Potenziale moderner Agrartechniken und Produktionsmethoden zu ermitteln.
Wie es im ersten Bericht heißt, entspricht der gemeinsame Anbau unterschiedlicher Pflanzenarten wesentlich mehr der Vielfalt natürlicher Vegetationen als die Reinbestände. Die Vorteile des traditionellen Mischanbaus lägen in stabilen Erträgen und in der Schonung von Ressourcen. Vor allem könnte der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verringert werden. Eine verstärkte Nutzung alternativer Kulturpflanzen und Anbauverfahren sollte angestrebt werden, um die Artenvielfalt im Ackerbau zu erhöhen und der Landwirtschaft neue Absatzchancen zu erschließen. Dabei komme der Züchtungsforschung und der Züchtung alternativer Kulturpflanzen zentrale Bedeutung zu. Die Züchtung alternativer Kulturpflanzen könnte vor allem dann Fortschritte machen, heißt es in dem Bericht, wenn die einschlägigen wissenschaftlichen Institute ihre Aktivitäten koordinieren würden. Verbundprojekte zur Erforschung alternativer Anbauverfahren sollten sich unter anderem auf den Mischanbau konzentrieren und Untersuchungen zu biologischen Grundlagen von Mischbeständen, zur besseren Bestandsführung, zur Optimierung der Ernte, zur Wirtschaftlichkeit und zu den ökologischen Auswirkungen einbeziehen.
Im zweiten Bericht steht der Präzisionspflanzenbau, die so genannte Precision Agriculture, im Mittelpunkt. Diese basiert auf der Kombination satellitengestützter Navigationssysteme, geografischer Informationssysteme, computergestützter Steuerung landwirtschaftlicher Maschinen sowie entsprechender Computerprogramme zur Betriebsführung. Es handelt sich dabei dem Bericht zufolge um moderne Anwendungen von Informations- und Steuerungstechniken zusammen mit einer optimierten pflanzenbaulichen Betriebsführung. Ziel sei es, den Pflanzenbau räumlich differenziert an den jeweiligen Boden und Pflanzenbestand anzupassen. Es sei zu erwarten, heißt es, dass der Präzisionspflanzenbau zu Einsparungen bei Dünger und Pflanzenschutzmitteln führen wird. Positive ökologische Effekte seien unter anderem vom Niveau des Produktionsmitteleinsatzes, von standortbezogenen Gefährdungen sowie der allgemeinen Entwicklung der Produktionsintensität abhängig.
Forschungsbedarf sehen die Gutachter vor allem bei der Entwicklung von Online-Verfahren zur einfacheren Bodenanalyse, um dadurch die Wirtschaftlichkeit der Grunddüngung verbessern zu können. Bei der Weiterentwicklung von Sensorsystemen zur Stickstoffdüngung wird etwa empfohlen, den Schwerpunkt auf Verfahren zur Berücksichtigung von "Störgrößen" wie Lichtverhältnissen, Bodenwasservorrat und Pilzbefall zu legen. Im Pflanzenschutz müssten kostengünstige Sensoren entwickelt werden, die einerseits zwischen Kultur- und Unkrautpflanzen und andererseits zwischen Unkräutern und Ungräsern unterscheiden können. Solche Systeme würden entwickelt, seien aber noch nicht marktreif. Angesichts der Liberalisierung der Agrarmärkte sei es für die Landwirte zunehmend schwierig, in neue Techniken wie "Precision Agriculture" zu investieren, da diese einen zusätzlichen Kapitaleinsatz und einen höheren Managementaufwand erforderten und das Betriebseinkommen kurzfristig nur bedingt steigern könnten. Die Autoren zeigen sich jedoch überzeugt, dass damit Kostensenkungs- und Ertragssteigerungspotenziale aufgedeckt werden können. Empfohlen wird, das Wissen über "Precision Agriculture" in der Meisterausbildung und der studentischen Ausbildung an Fachhochschulen und Universitäten zu verankern.
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