Experten: Auch ältere Beschäftigte werden gebraucht
Berlin: (hib/HAU) Die Beschäftigungschancen älterer Menschen müssen verbessert werden. In diesem Punkt herrschte Einigkeit unter den geladenen Experten während einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Arbeit und Soziales am Montagnachmittag. Als Vorlage der Diskussion dienten sowohl ein Gesetzentwurf der Regierungskoalition zur Verbesserung der Beschäftigungschancen älterer Menschen ( 16/3793) als auch Anträge der FDP Fraktion ( 16/241) und der Fraktion Die Linke ( 16/3027). Der Gesetzentwurf der Koalition sieht unter anderem einen Kombilohn vor. Ältere Arbeitslose, die eine Beschäftigung mit einem niedrigeren Nettoentgelt als vor ihrer Arbeitslosigkeit aufnehmen, sollen danach einen teilweisen Ausgleich für die Einkommenseinbußen erhalten.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) lehnte insbesondere die geplanten Regelungen zur befristeten Einstellung von älteren Arbeitnehmern ab. Derartige Maßnahmen hätten bisher keinerlei beschäftigungswirksame Effekte gebracht. Ältere Arbeitnehmer würden hingegen zu Arbeitnehmern zweiter Klasse degradiert. Es fehle ihnen dadurch an Planbarkeit und Sicherheit. Das Kombilohnmodell hingegen könne durchaus die Arbeitslosigkeit Älterer verkürzen, beinhalte jedoch auch das Risiko von Mitnahmeeffekten. Aus Sicht der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) benötige man für eine stärkere Erwerbsbeteiligung älterer Arbeitnehmer ein flexibles Befristungsrecht. Der Gesetzentwurf bleibe bedauerlicherweise jedoch hinter dem rechtlich Möglichen und arbeitsmarktpolitisch Nötigen zurück. Die vorgesehene erhebliche Ausweitung der Arbeitsmarktinstrumente speziell für Ältere lasse außerdem starke Mitnahmeeffekte auf Kosten der Beitragzahler erwarten. Durch steigende Beiträge zur Arbeitslosenversicherung würden jedoch Arbeitsplätze vernichtet. Dringend zu empfehlen, so der BDA, sei die Beseitigung fortbestehender Frühverrentungsanreize.
Viele Unternehmen seien über die bisher geltenden gesetzlichen Möglichkeiten zur Unterstützung der Einstellung älterer Arbeitnehmer nicht informiert, kritisierte das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit (IAB). Man habe festgestellt, dass die Möglichkeit der weitergehenden Befristung von Arbeitsverträgen mit älteren Arbeitnehmern kaum bekannt sei und daher auch wenig genutzt werde. Auch die Weiterbildungsmöglichkeiten würden nur wenig in Anspruch genommen. In diesen Bereichen gelte es Aufklärungsarbeit zu leisten. Die bisher schwache Inanspruchnahme der Entgeltsicherung hingegen sei auf Mängel in der gesetzlichen Ausgestaltung zurückzuführen. Die vorgesehen Ausweitung des Kombilohns auf zwei Jahre dürfte dies verbessern.
Der Bundesverband der Träger beruflicher Bildung bewertete die vorgesehene Altersabsenkung für den Beginn der Förderung einer beruflichen Weiterbildung auf 45 Jahre positiv. Damit bestehe die Möglichkeit, präventiv im Vorfeld drohender Arbeitslosigkeit aktiv zu werden. Der Arbeitsrechtler Michael Eckert aus Heidelberg forderte die Erweiterung der Möglichkeiten zur "sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen". Dies sollte altersneutral geschehen und nicht eine bestehende Arbeitslosigkeit voraussetzen. Eckert warnte davor, einen Vertreibungswettbewerb zwischen jungen und alten Arbeitnehmern zu schaffen. Professor Gregor Thüsing von der Universität Bonn sieht den im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Zeitraum von fünf Jahren, in dem einen sachgrundlose Befristung der Arbeitsverträge zulässig sein soll, als ausreichend an. Auch die Beibehaltung des Lebensalters als Kriterium für die Sozialauswahl unterstütze er. Es sei ein Unterschied, ob ein 23-Jähriger oder ein 53-Jähriger von einer Entlassung betroffen sei.
Herausgeber
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Saskia Leuenberger
Redaktionsmitglieder: Dr. Bernard Bode, Claudia Heine, Sandra
Ketterer, Michael Klein, Hans-Jürgen Leersch, Steffi
Menzenbach, Johanna Metz, Annette Sach, Alexander Weinlein
Haben Sie inhaltliche Fragen?
Inhaltliche Fragen richten Sie bitte an die Initiatoren (Fraktionen, Bundesregierung) der jeweiligen parlamentarischen Vorlage. Die Telefonnummer finden Sie auf den entsprechenden Web-Seiten.