Experten beklagen geringe Qualität der Schulbildung in Entwicklungsländern
Berlin: (hib/BES) Die Qualität der Bildung in den Entwicklungsländern bereitet Experten und Entwicklungspolitikern Sorgen. Auch wenn der Zugang zur Grundschulbildung erheblich gestiegen sei, könnten viele Kinder nach einigen Jahren der Schulbildung immer noch nicht lesen und schreiben, hieß es in einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung am Mittwochmittag. Weitere Probleme seien die immer noch ausgeprägte Ungleichbehandlung von Jungen und Mädchen beim Zugang zu Bildung, mangelnde Attraktivität von Bildungsangeboten und geringe Berufschancen für viele Jugendliche sowie hohe Abbrecherquoten bei den Schulabgängern und der Mangel an gut ausgebildeten Lehrern. Es fehle auch an Geld. Nur drei Prozent der Entwicklungsmittel würden für Bildung ausgegeben, beklagte Desmond Bermingham von der Weltbankinitiative FTI (Education for All - Fast Track Initiative). Notwendig wären 9 Milliarden US-Dollar jährlich, so Bermingham unter Berufung auf Schätzungen von Unesco. Das zweite so genannte Milleniumsziel, bis 2015 allen Kindern weltweit eine vollständige Primarschulbildung zu ermöglichen, sei nicht zu erreichen, wenn nur in Grundschulbildung investiert werde, unterstrich Bermingham. Um dieses Ziel zu verwirklichen, sei die FTI als eine "globale Partnerschaft" zwischen den Geber- und Entwicklungsländern 2002 gegründet worden. Inzwischen würden 31 Länder direkt in Bildungsfragen unterstützt, weitere 20 bis 30 Länder erhielten technische Hilfe. Bis Ende 2008 sollen weitere 30 Länder auf die Partnerliste kommen. Zu den größten Gebern (60 bis 70 Prozent aller Zahlungen) gehörten Deutschland, die USA, Großbritannien, Frankreich, Japan und die Niederlande.
Für die Qualität der Bildung sei unter anderem die Förderung von lokalen Sprachen wichtig, meinte Maud Seghers von ADEA (Associations fort he Development of Edukations in Afrika). Am besten hätten sich bilinguale Programme bewährt. "Ganz wichtig" sei auch ein besserer Zugang zu Schulbüchern. Dies sei sogar wichtiger als die Verkleinerung von Schulklassen, die nicht selten 100 Schüler umfassten. Die Zukunftschancen der Jugendlichen nahm Susanne Schroth von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) unter die Lupe: Nicht nur Bildung sei wichtig. Man müsse schauen, ob die Menschen danach einen Job bekämen. "Bildung lohnt sich nur, wenn das Erlernte angewandt wird, sonst ist es rausgeschmissenes Geld", fasste Theodor Hanf, Universität Freiburg, zusammen. Bildung müsse für junge Menschen attraktiver gemacht, so Hans-Heiner Rudolph von der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), und mit Programmen für Beschäftigung verknüpft werden. Angesichts der hohen Abbrecherquoten müsse man auch die Jugendlichen erreichen, die "rausgefallen" seien. Als Beispiele für entsprechende GTZ-Projekte nannte Rudolph unter anderen die Reintegration von ehemaligen Kindersoldaten in Sierra Leone und Kongo oder den zweisprachigen Unterricht und verkürzte Ausbildungsmodule in Uganda. Man müsse die Jugendlichen fürs Lernen interessieren. Denn "ohne Bildung ist keine Entwicklung möglich", so Rudolph.
Bildung könne aber auch Konflikte schaffen, soziale und ethnische, meinte hingegen Hanf. Bildung sei auch ein Auswahlmechanismus im "Rattenrennen" um die besseren Zukunftschancen. Es gehe darum, ob man später "in klimatisierten Räumen arbeitet oder mit der Hacke auf dem Feld". Fehlten aber entsprechende Jobs, wachse ein Unruhepotenzial und die Regierungen gerieten unter Druck. Manche Staaten hätten in der Vergangenheit versucht, dieses Problem mit staatlichen Beschäftigungsgarantien zu lösen. Das Ergebnis sei etwa in Ägypten eine Beamtengruppe von "pharaonischen" Ausmaßen. Eine isolierte Bildungshilfe reiche also nicht, sie müsse in andere Entwicklungsbereiche integriert werden, so das Fazit Hanfs, der aber auch eine gute Nachricht für den Ausschuss hatte: Mit der wachsenden Schulbildung steige auch die positive Einstellung zur Demokratie und zum Rechtsstaat, so das Ergebnis einer internationalen Studie in 15 Ländern.
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