BND-Mitarbeiter verteidigt entlastendes Urteil über Kurnaz
Berlin: (hib/KOS) Vor dem Untersuchungsausschuss verteidigte am Donnerstag Michael Hildebrandt vom Bundesnachrichtendienst (BND) die von zwei BND-Mitarbeitern nach einem Verhör von Murat Kurnaz im US-Gefangenenlager Guantanamo im Herbst 2002 getroffene Einschätzung, von dem damals unter den Verdacht terroristischer Aktivitäten gestellten Bremer Türken gehe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Gefährdung aus. Der seinerzeitige Vorgesetzte der beiden BND-Vernehmer betonte zudem, dass auch der an der Befragung von Kurnaz beteiligte Vertreter des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) damals trotz einzelner abweichender Formulierungen in der "Generalaussage" zum gleichen Urteil gekommen sei. Damit reagierte der Zeuge auf den Vorhalt von SPD-Obmann Thomas Oppermann, dass sich der BfV-Mitarbeiter bei seiner Anhörung vor dem Ausschuss die weitreichende und Kurnaz entlastende Sicherheitsprognose so nicht habe zu eigen machen wollen. Der Ende 2001 in Pakistan festgenommene und über Afghanistan im Februar 2002 nach Guantanamo gebrachte Türke war dort mehrere Jahre inhaftiert, bis er auf Betreiben von Kanzlerin Angela Merkel im August 2006 freikam und nach Deutschland zurückkehren konnte.
Hildebrandt unterstrich seine Einschätzung vom Herbst 2002, dass das Verhör in Guantanamo, bei dem man von Kurnaz über terroristische Strukturen und eventuelle Anschlagsplanungen nichts habe erfahren können, ein "erfolgreicher Einsatz" gewesen sei. Auf eine entsprechende Frage des FDP-Abgeordneten Max Stadler erklärte der Zeuge, die BND-Vernehmer hätten Kurnaz nicht schönreden wollen, um ihn so aus Guantanamo herauszuholen und dann hierzulande als V-Mann in der Islamistenszene einzusetzen.
Oppermann konfrontierte Hildebrandt mit der Aussage des ehemaligen BND-Präsidenten und heutigen Innen-Staatssekretärs August Hanning, der vor dem Ausschuss die von den beiden Pullacher Mitarbeitern über Kurnaz abgegebene Sicherheitsprognose als "grob fehlerhaft" und "unprofessionell" kritisiert hatte. Es sei ein normaler Vorgang, so der Zeuge, dass die Dienstleitung bei der Bewertung eines Vorgangs zu einem anderen Ergebnis kommen könne als die Untergebenen: "Damit kann ich leben." Er sei "schon überrascht" gewesen, als er von den Äußerungen Hannings erfahren habe, sagte Hildebrandt. Hanning habe ihm persönlich diese Einschätzung nicht mitgeteilt, auch sei innerhalb des BND keine Kritik an der Bilanz des Verhörs von Kurnaz in Guantanamo zu vernehmen gewesen.
Vor Hildebrandt wurde Dirk Hetzel vom Bundeskriminalamt (BKA) befragt, um herauszufinden, ob im Januar 2001 aus Deutschland möglicherweise Informationen zu Kurnaz an US-Stellen flossen, die erst zu dessen Transport von Kandahar in Afghanistan nach Guantanamo geführt haben könnten. Als Mitglied der beim BKA nach den Attentaten vom 11. September 2001 gebildeten BAO USA (Besondere Aufbauorganisation) habe er, so Hetzel, an die in der BAO tätigen FBI-Verbindungsleute lediglich eine Anfrage gerichtet, um die Identität des in Kandahar einsitzenden Türken aus Deutschland zweifelsfrei zu klären. Ohne nähere Details sei dabei auch auf das damals in Bremen eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen Kurnaz hingewiesen worden, das später eingestellt wurde. Trotz mehrfacher Mahnungen habe es von US-Seite keine Antwort gegeben. Auf entsprechende Fragen mehrerer Abgeordneten sagte der Zeuge, ihm sei nicht bekannt, dass die FBI-Vertreter auf andere Weise etwa mittels eigener Recherchen oder über Telefonate mit den für den Fall Kurnaz zuständigen Bremer Behörden einen direkten Zugang zu hierzulande über den Türken gesammelten Erkenntnissen hatten. Allerdings könne er das auch nicht ausschließen.
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