Gemeinsame Erklärung der deutsch-polnischen und der polnisch-deutschen Parlamentariergruppe
Auf Einladung des Sejm besucht eine Delegation der deutsch-polnischen Parlamentariergruppe des Deutschen Bundestages vom 5. bis zum 8. Dezember Polen. Die Reise führte erst nach Gda?sk/Danzig, wo es Gespräche mit dem Wojewoden und dem Stadtpräsidenten gab. Außerdem fand eine Besichtigung der St. Marienkirche in Danzig sowie der Brennerei Sobieski statt. Anschließend fuhren die Bundestagsabgeordneten zu politischen Gesprächen nach Warschau, wo sie u.a. mit Sejmmarschall Marek Jurek sowie mit Mitgliedern der polnisch-deutschen Parlamentariergruppe zusammentrafen.
Die beiden Parlamentariergruppen besprachen die aktuellen Fragen, die im deutsch-polnischen Verhältnis eine Rolle spielen. Es bestand Einigkeit darin, dass die parlamentarischen Kontakte gerade auch auf der Ebene der Fachausschüsse verstärkt werden sollten, besonders da, wo es Schwierigkeiten zwischen beiden Ländern gibt. Hier ist mehr Flexibilität nötig!
Beide Parlamentariergruppen begrüßen, dass sich die Präsidien beider Parlamente Anfang März treffen werden. Sie halten es für gut, wenn bei diesem Treffen sowohl die Parlamentariergruppen, als auch die beiden Auswärtigen und Europa-Ausschüsse beteiligt werden.
Beide Parlamentariergruppen begrüßen, dass die Schwierigkeiten in der Arbeit des deutsch-polnischen Jugendwerkes überwunden sind. Sie halten die Begegnung von Jugendlichen aus beiden Ländern für unsere gemeinsame Zukunft für sehr wichtig.
Beide Parlamentariergruppen sind sich darin einig, dass Fragen des Umgangs mit der Vergangenheit im bilateralen Verhältnis zwar Thema gemeinsamer Anstrengungen sein sollen, um Spannungen zu überwinden. Sie sollen jedoch unsere gemeinsame Zukunft nicht belasten.
Wir lehnen gemeinsam alle Aktivitäten ab, die versuchen, die Lasten der Vergangenheit gegeneinander aufzurechnen und neue Entschädigungsforderungen zu erheben. Wir verurteilen die Versuche der so genannten „Preußischen Treuhand“, das frühere Eigentum Vertriebener über Gerichtsverfahren einzuklagen.
Wir fordern beide Regierungen auf, den grenzüberschreitenden Dialog zu historischen Fragen zu intensivieren. Gerade auf diesem Hintergrund ist es wichtig, das geplante Netzwerk „Erinnerung und Solidarität“ gemeinsam mit den anderen Partnerstaaten möglichst bald zu etablieren und arbeiten zu lassen.
Gerade auch im europäischen Dialog ist es von großer Bedeutung, die europäische Freiheitsgeschichte in der kommunistischen Diktatur gemeinsam mit anderen Partnern aufzuarbeiten und zu erforschen. In diesem Zusammenhang begrüßen wir die Bemühungen, in Danzig ein „Europäisches Zentrum der Solidarität“ zu errichten. Dies könnte ein gemeinsames Projekt im Rahmen des o.g. Netzwerkes sein.
Wir begrüßen das geplante Projekt einer Konferenz über „Erinnerungsorte in Mitteleuropa“ und halten es für wichtig, dass die verschiedenen Fragen der Vergangenheit zu einem gemeinsamen Thema werden. Dabei darf es keine Tabus geben. Gleichzeitig ist es nötig, die Perspektiven der jeweils anderen mit zur Kenntnis und ernst zu nehmen.
Wir begrüßen es, dass im kommenden Frühjahr die von KARTA in Warschau erarbeitete Ausstellung „Gesichter der Totalitarismen“ in Berlin gezeigt werden soll. Ebenso halten wir es für gut, wenn die vom Bonner Haus der Geschichte erarbeitete Ausstellung „Flucht. Vertreibung. Integration“ im kommenden Jahr auch in Warschau (und Prag) zu sehen ist und öffentlich diskutiert wird. Solche Aktivitäten werden uns helfen, uns gegenseitig besser zu verstehen und die Lasten der Vergangenheit hinter uns zu lassen.
Im Hinblick auf die deutsche Präsidentschaft der EU halten beide Parlamentariergruppen eine enge Zusammenarbeit beider Regierungen für wichtig.
Sie hoffen, dass es möglichst bald gelingt, im Geist der europäischen Solidarität einen Weg zu finden, um die Verhandlungen der EU zum Partnerschafts- und Kooperationsvertrag mit Russland zu beginnen. Gerade auch das Verhältnis zu Russland sollte als Teil der Europäischen Gemeinsamen Außenpolitik im Konsens gestaltet werden.
Die Frage der Energiesicherheit wird mehr und mehr zu einem europäischen Thema. In diesem Bereich sollte die EU unter deutscher Präsidentschaft zu gemeinsamen Initiativen kommen.
Für Polen wie für Deutschland ist die Intensivierung der Europäischen Nachbarschaftspolitik von großem Interesse. Obwohl zurzeit in der EU kein Konsens über eine Beitrittsperspektive für weitere EU-Nachbarstaaten wie die Ukraine zu finden ist, ist eine intensivere und engere Anbindung dieser Staaten an die EU in unserem gemeinsamen Interesse. Dafür gilt es weitere Instrumentarien zu schaffen. Dazu gehört auch, dass die EU in der Unterstützung demokratischer Entwicklungen flexibler und aktiver wird.
Die polnischen und deutschen Parlamentariergruppen fordern beide Regierungen auf, bei der Überwindung der europäischen Verfassungskrise zusammenzuwirken und nach Wegen zu suchen, die es ermöglichen, die zentralen Errungenschaften des Verfassungsvertrages für die Zukunft Wirklichkeit werden zu lassen.
Die deutsch-polnische Parlamentariergruppe besuchte die Brennerei Sobieski und wurde dort mit dem Plan der Europäischen Kommission konfrontiert, die Herstellung von Wodka europäisch zu vereinheitlichen. Sie sagte zu, sich bei den Kollegen im Europäischen Parlament dafür einzusetzen, solchen Plänen eine klare Absage zu erteilen.
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