Graffiti-Bekämpfungsgesetz
Stellungnahme der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Zur aktuellen "Graffiti-Debatte" nimmt
Jerzy Montag als rechtspolitischer Sprecher der Grünen
Bundestagsfraktion wie folgt Stellung:
Graffiti: Worum geht es in der erhitzten Debatte?
Seit Jahren wird in der Gesellschaft und im Parlament zum Teil sehr polemisch darüber gestritten, ob die äußerliche Veränderungen an Mauern, Hauswänden, S-Bahnwaggons und Denkmälern, die unmittelbar weder zur Zerstörung noch zur Beschädigung der Sachen führen, bestraft werden sollen. Vor allem macht sich diese Diskussion an Graffitis fest.
Für die einen bedeutet Graffiti Kunst, Ausdruck eines bestimmten Lebensgefühls, Teil einer Subkultur. Andere sehen in Graffiti hässliche Schmierereien, die verwahrlosend wirken und nicht hinnehmbar seien.
Tatsache ist, dass viele private Eigentümer von Gebäuden in Großstädten, aber auch öffentliche Eigentümer von Verkehrsmitteln, von Graffiti betroffen werden. In der Mehrzahl der Fälle wollen sie die Veränderungen nicht. Sie müssen oft sehr kostspielige Verfahren bemühen, um die Veränderungen wieder zu beseitigen. Nicht selten bleiben sie auf diesen Kosten sitzen, weil die Verursacher unbekannt oder nicht zahlungsfähig sind.
Wie ist das derzeitige Strafrecht?
Schon nach geltendem Recht ist die Beschädigung einer Sache strafbar. Es ist auch langjährige Praxis der Rechtsprechung, eine Sachbeschädigung auch dann zu bejahen, wenn sich die Beschädigung der Sache nicht schon durch den Farbauftrag, sondern erst durch dessen Entfernung ergibt. Wer also an fremder Leute Wand Farbe sprüht, die nicht einfach abzuwischen ist, sondern beim Entfernen zur Beschädigung des Untergrundes führt, macht sich schon heute strafbar.
Dies ist den meist jugendlichen Graffiti-Sprayern oft gar nicht bewusst. Stattdessen meinen sie, in einer Grauzone oder gar legal zu handeln. Kam es in der Vergangenheit dann doch zu Verurteilungen, wurden die Täter nicht selten mit sehr hohen Schadensersatzforderungen belastet. Beim Besprühen eines S-Bahn-Zuges können leicht 100 000.- ¤ Schadensersatz zustande kommen.
Was will Rot-Grün ändern?
Es besteht daher ein Bedarf an gesetzlicher Klarstellung, die unser rot-grüner Gesetzentwurf leisten wird. Wir wollen ausdrücklich regeln, dass eine Sachbeschädigung auch dann vorliegt, wenn "das Erscheinungsbild einer Sache unbefugt nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert wird".
Unser Vorschlag bedeutet im Vergleich zur jetzigen Rechtslage keine Strafverschärfung für das Graffiti-Sprayen. Er dient vielmehr der Beweiserleichterung vorliegender Sachbeschädigungen.
In einigen Graffiti-Verfahren verwiesen die Beschuldigten nämlich darauf, dass die Entfernung der Bemalung den Untergrund gar nicht beschädigt hätte oder hat. In diesen Fällen waren kostspielige Gutachten erforderlich, in denen die chemische und mechanische Zusammensetzung der Farbe und des Untergrundes sowie deren Wechselwirkung untersucht werden mussten, um den Substanzeingriff zu beweisen. Wurde dieser enorme Aufwand gescheut, kam es zur Einstellung des Verfahrens.
Das neue Gesetz wird also verhindern, dass sich in Fällen der Sachbeschädigung ansonsten überführte Täter wegen Schwierigkeiten beim Nachweis der Substanzverletzung ( = Beschädigung) bei der Entfernung ihres "Werkes" einer Bestrafung entziehen können.
Rechtsstaatliche Grenzen unserer Gesetzesänderung
Unser Gesetz enthält – im Gegensatz zu Vorschlägen der Opposition und des Bundesrates- zugleich notwendige Einschränkungen. So werden Umhüllungen, z.B. aus Papier oder Plastik, zwischen Fenstern an der Hauswand flatternde Transparente, mit Tesafilm befestigte Plakate ebenso wenig erfasst wie Bemalungen mit Kreide- oder Wasserfarben. Diese und ähnliche Veränderungen sind eben entweder "nur unerheblich" und/oder "nur vorübergehend".
Grenzen jedweder gesetzlichen Neuregelung
Unsere Gesetzesänderung wird jedoch ebenso wenig wie die Vorschläge der Opposition und des Bundesrates etwas an dem Umstand ändern, dass die meisten Graffiti-Sprayer nicht ermittelt werden können.
Die Sachbeschädigung bleibt mit einer Strafandrohung von Geld- oder Freiheitsstrafe bis 2 Jahren eine Tat, die zur sog. "leichten Kriminalität" gehört. Auch für das Graffitisprayen wird diese Strafandrohung nicht erhöht. Deshalb war und bleibt die "Jagd auf Sprayer" mit BGS-Hubschraubern und Infrarotgeräten, wie kürzlich in Berlin geschehen, unverhältnismäßig und damit rechtswidrig. Wir Grünen lehnen solche Aktionen einhellig ab.
Ein Plädoyer für mehr Sachlichkeit in der Debatte
Ich würde es sehr begrüßen, wenn der irrationale Überschwang, von dem die Debatte oft begleitet ist, endlich beendet würde.
Es bedeutet keinen Abbau von Bürgerrechten, wenn mangelnder Respekt vor den Rechten anderer, wie er im Besprühen fremden Eigentums zum Ausdruck kommt, sanktioniert wird. Genau so wenig bedeutet Graffiti den "Untergang des Abendlandes", wie es so mancher in der Debatte glauben machen will.
Der in Berlin bei der Verfolgung eines Graffiti-Delikts durch die Polizei zu Tode gekommene, völlig unbeteiligte Motorradfahrer sollte uns eindringliche Mahnung sein, endlich zur Versachlichung der Debatte zurückzukehren.
Graffiti: Worum geht es in der erhitzten Debatte?
Seit Jahren wird in der Gesellschaft und im Parlament zum Teil sehr polemisch darüber gestritten, ob die äußerliche Veränderungen an Mauern, Hauswänden, S-Bahnwaggons und Denkmälern, die unmittelbar weder zur Zerstörung noch zur Beschädigung der Sachen führen, bestraft werden sollen. Vor allem macht sich diese Diskussion an Graffitis fest.
Für die einen bedeutet Graffiti Kunst, Ausdruck eines bestimmten Lebensgefühls, Teil einer Subkultur. Andere sehen in Graffiti hässliche Schmierereien, die verwahrlosend wirken und nicht hinnehmbar seien.
Tatsache ist, dass viele private Eigentümer von Gebäuden in Großstädten, aber auch öffentliche Eigentümer von Verkehrsmitteln, von Graffiti betroffen werden. In der Mehrzahl der Fälle wollen sie die Veränderungen nicht. Sie müssen oft sehr kostspielige Verfahren bemühen, um die Veränderungen wieder zu beseitigen. Nicht selten bleiben sie auf diesen Kosten sitzen, weil die Verursacher unbekannt oder nicht zahlungsfähig sind.
Wie ist das derzeitige Strafrecht?
Schon nach geltendem Recht ist die Beschädigung einer Sache strafbar. Es ist auch langjährige Praxis der Rechtsprechung, eine Sachbeschädigung auch dann zu bejahen, wenn sich die Beschädigung der Sache nicht schon durch den Farbauftrag, sondern erst durch dessen Entfernung ergibt. Wer also an fremder Leute Wand Farbe sprüht, die nicht einfach abzuwischen ist, sondern beim Entfernen zur Beschädigung des Untergrundes führt, macht sich schon heute strafbar.
Dies ist den meist jugendlichen Graffiti-Sprayern oft gar nicht bewusst. Stattdessen meinen sie, in einer Grauzone oder gar legal zu handeln. Kam es in der Vergangenheit dann doch zu Verurteilungen, wurden die Täter nicht selten mit sehr hohen Schadensersatzforderungen belastet. Beim Besprühen eines S-Bahn-Zuges können leicht 100 000.- ¤ Schadensersatz zustande kommen.
Was will Rot-Grün ändern?
Es besteht daher ein Bedarf an gesetzlicher Klarstellung, die unser rot-grüner Gesetzentwurf leisten wird. Wir wollen ausdrücklich regeln, dass eine Sachbeschädigung auch dann vorliegt, wenn "das Erscheinungsbild einer Sache unbefugt nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert wird".
Unser Vorschlag bedeutet im Vergleich zur jetzigen Rechtslage keine Strafverschärfung für das Graffiti-Sprayen. Er dient vielmehr der Beweiserleichterung vorliegender Sachbeschädigungen.
In einigen Graffiti-Verfahren verwiesen die Beschuldigten nämlich darauf, dass die Entfernung der Bemalung den Untergrund gar nicht beschädigt hätte oder hat. In diesen Fällen waren kostspielige Gutachten erforderlich, in denen die chemische und mechanische Zusammensetzung der Farbe und des Untergrundes sowie deren Wechselwirkung untersucht werden mussten, um den Substanzeingriff zu beweisen. Wurde dieser enorme Aufwand gescheut, kam es zur Einstellung des Verfahrens.
Das neue Gesetz wird also verhindern, dass sich in Fällen der Sachbeschädigung ansonsten überführte Täter wegen Schwierigkeiten beim Nachweis der Substanzverletzung ( = Beschädigung) bei der Entfernung ihres "Werkes" einer Bestrafung entziehen können.
Rechtsstaatliche Grenzen unserer Gesetzesänderung
Unser Gesetz enthält – im Gegensatz zu Vorschlägen der Opposition und des Bundesrates- zugleich notwendige Einschränkungen. So werden Umhüllungen, z.B. aus Papier oder Plastik, zwischen Fenstern an der Hauswand flatternde Transparente, mit Tesafilm befestigte Plakate ebenso wenig erfasst wie Bemalungen mit Kreide- oder Wasserfarben. Diese und ähnliche Veränderungen sind eben entweder "nur unerheblich" und/oder "nur vorübergehend".
Grenzen jedweder gesetzlichen Neuregelung
Unsere Gesetzesänderung wird jedoch ebenso wenig wie die Vorschläge der Opposition und des Bundesrates etwas an dem Umstand ändern, dass die meisten Graffiti-Sprayer nicht ermittelt werden können.
Die Sachbeschädigung bleibt mit einer Strafandrohung von Geld- oder Freiheitsstrafe bis 2 Jahren eine Tat, die zur sog. "leichten Kriminalität" gehört. Auch für das Graffitisprayen wird diese Strafandrohung nicht erhöht. Deshalb war und bleibt die "Jagd auf Sprayer" mit BGS-Hubschraubern und Infrarotgeräten, wie kürzlich in Berlin geschehen, unverhältnismäßig und damit rechtswidrig. Wir Grünen lehnen solche Aktionen einhellig ab.
Ein Plädoyer für mehr Sachlichkeit in der Debatte
Ich würde es sehr begrüßen, wenn der irrationale Überschwang, von dem die Debatte oft begleitet ist, endlich beendet würde.
Es bedeutet keinen Abbau von Bürgerrechten, wenn mangelnder Respekt vor den Rechten anderer, wie er im Besprühen fremden Eigentums zum Ausdruck kommt, sanktioniert wird. Genau so wenig bedeutet Graffiti den "Untergang des Abendlandes", wie es so mancher in der Debatte glauben machen will.
Der in Berlin bei der Verfolgung eines Graffiti-Delikts durch die Polizei zu Tode gekommene, völlig unbeteiligte Motorradfahrer sollte uns eindringliche Mahnung sein, endlich zur Versachlichung der Debatte zurückzukehren.
Quelle:
http://www.bundestag.de/aktuell/archiv/2005/graffiti/graffiti_gruene