Uhrlau dementiert deutsche Mithilfe bei Verschleppung Zammars
Ein "klares Nein, das schließe ich aus": Mit diesen Worten reagierte Ernst Uhrlau vor dem Untersuchungsausschuss auf die Frage des Abgeordneten Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), ob der Bundesnachrichtendienst (BND) im Herbst 2001 bei der rechtswidrigen Verschleppung Mohammed Haydar Zammars von Marokko nach Syrien mitgeholfen habe.
Vorwürfe nicht gerechtfertigt
Zum Auftakt der Zeugenvernehmungen am Donnerstag, dem 13. März 2008, trat der damalige Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt auch Darstellungen in Medienberichten entgegen, nach den Attentaten von New York sei die deutsche Seite schon bald über das von den USA praktizierte Kidnapping von Terrorverdächtigen samt geheimen Gefangenenflügen informiert gewesen. Entsprechende Gespräche mit US-Stellen seien im Herbst 2001 nicht geführt worden, so der heutige BND-Präsident. Dies sei schon deshalb ausgeschlossen gewesen, weil unmittelbar nach dem 11. September ein "Entführungsprogramm" seitens der USA noch gar nicht existiert habe.
Zu Vorwürfen, seinerzeit hätten deutsche Geheimdienste US-Behörden "im Stillen" bei der "Renditions"-Praxis helfen wollen, sagt der Zeuge: "Da wird ein Gemälde gezeichnet", doch dazu gebe es "kein Butter bei die Fische". Man habe stets innerhalb des deutschen Rechts agiert.
Details der Verschleppung unbekannt
Der Ausschuss recherchiert, ob die hiesige Regierung und deutsche Stellen eine Mitschuld trifft für die unter der Ägide der USA organisierte, im Detail bis heute nicht bekannte Verschleppung Zammars von Marokko nach Damaskus. Gegen den Deutsch-Syrer lief nach den Anschlägen von New York wegen seiner Kontakte zu Al-Qaida und zur Hamburger Terrorzelle ein Ermittlungsverfahren, doch reichten die Verdachtsmomente für einen Haftbefehl nicht aus. Zammar wurde nach seiner Festnahme in Marokko nach Damaskus überstellt, wo er seither einsitzt und im Frühjahr 2007 wegen Mitgliedschaft in der Moslembruderschaft zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt wurde.
Empörung auf deutscher Seite
Uhrlau führte aus, die USA hätten Berlin erst im Juni 2002 über die Festnahme Zammars unterrichtet. Gerade angesichts der gemeinsamen Anstrengungen beim Antiterror-Kampf nach dem 11. September 2001 sei seine Reaktion "eine durchaus ärgerliche" gewesen, was er gegenüber den US-Stellen auch deutlich zum Ausdruck gebracht habe. Auf deutscher Seite habe eine "Empörungslage" geherrscht. Der BND-Präsident betonte, dem Deutsch-Syrer habe im Oktober 2002 mangels eines Haftbefehls und wegen unzureichender Verdachtsmomente die Ausstellung eines Reisepasses für den Flug nach Marokko nicht verweigert werden können. Derart wandte sich der Zeuge gegen im Ausschuss mehrfach geäußerte Kritik seitens der Opposition, man habe Zammar trotz seiner Einstufung als Gefährder vielleicht ausreisen lassen, um ihn absichtlich oder leichtfertig einem Zugriff durch die USA zu überlassen.
Zusammenarbeit mit Damaskus verteidigt
Der einstige Geheimdienstkoordinator verteidigte die im Juli 2002 beschlossene Zusammenarbeit mit Damaskus beim Einsatz gegen den Terrorismus und die in der Hoffnung auf syrische Erkenntnisse als Gegenleistung verfügte Einstellung eines Prozesses gegen zwei der Spionage angeklagte syrische Agenten. Die Befragung Zammars in Damaskus durch deutsche Vernehmer im November 2002 sei nicht Teil dieser
Verurteilung zum Tode verhindert
Die Einstellung der Bemühungen um eine konsularische Betreuung Zammars durch das Auswärtige Amt und die "Arbeitsebene" des Kanzleramts im Herbst 2002 für längere Zeit erklärte Uhrlau zum einen mit dem Hinweis, man habe das Verhör des Deutsch-Syrers nicht gefährden wollen. Zum anderen sei auf der diplomatischen Ebene das Bemühen um eine Betreuung Zammars ohnehin aussichtslos gewesen, da Damaskus den Gefangenen allein als syrischen Staatsbürger betrachtet habe. Er selbst, so der Zeuge, habe sich dann von Herbst 2003 an für den Inhaftierten eingesetzt. Schließlich habe man erreichen können, dass Zammar ein ordentliches Gerichtsverfahren bekommen habe und nicht zum Tode verurteilt worden sei. Im Laufe des Nachmittags und frühen Abends wollte der Ausschuss noch den heutigen Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) befragen, der während der Verschleppung Zammars Chef des Kanzleramts war.