Frauenquote für Unternehmen umstritten
Es gebe keine guten Gründe dafür, dass Frauen nur sechs Prozent der Mitglieder in den Führungsgremium der Aktiengesellschaften stellten, aber 50 Prozent der Bevölkerung Norwegens repräsentierten, so der ehemalige Wirtschaftsminister Norwegens, Ansgar Gabrielsen, in einer Anhörung des Rechtsausschusses am 7. Mai 2008. Es sei "peinlich", dass in einem Land, das so viel für die Gleichberechtigung getan habe, Frauen von Führungspositionen in der Wirtschaft ausgeschlossen bleiben sollten, so Gabrielsen.
Thema der Sitzung war ein Antrag der Grünen (
16/5279), in dem sich die Fraktion dafür
aussprach, dass die Aufsichtsräte deutscher
Aktiengesellschaften bis zum Jahr 2012 zu mindestens 40 Prozent mit
Frauen besetzt sein müssten. Dafür bedürfe es einer
Änderung des Aktiengesetzes.
Quoten nicht das richtige Mittel
Beate Degen von den Wirtschaftsjunioren Deutschlands sprach sich gegen eine Quotierung zugunsten von Frauen für Aufsichtsratsgremien börsennotierter Unternehmen aus. Eine Förderung von Frauen in Führungspositionen sei grundsätzlich zu befürworten, um mittelfristig eine Gleichstellung von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft zu erreichen. Zusätzliche Regelungen und administrative Anforderungen schränkten aber Unternehmen in ihrer Flexibilität und damit auch in ihrer Wettbewerbsfähigkeit ein, so Degen.
Es sei zu hinterfragen, ob durch eine Quotenregelung für
Frauen in Aufsichtsräten die Rolle von Frauen in
Führungspositionen gestärkt werde. Um eine Gleichstellung
von Frauen in der Privatwirtschaft zu fördern, so Degen, seien
andere Maßnahmen als eine Quotenregelung für
Aufsichtratsgremien erforderlich. Zu nennen seien etwa die
Kinderbetreuung und flexible Arbeitszeiten.
Am Ziel vorbei
Patricia Solaro von der Bayer AG meinte
ebenfalls, die Einführung einer Quote für
Aufsichtsratsgremien führe an der Zielsetzung, den Anteil von
Frauen in Führungspositionen zu erhöhen, vorbei. Eine
Frauenquote im Aufsichtsrat schränke zudem die Unternehmen
ein. Solaro warnte: "Dies führe zu einer Minderung des
Standortes Deutschland."
Bringschuld der Unternehmer
Rainald Thannisch vom Deutschen
Gewerkschaftsbund (DGB) sagte, seine Organisation unterstütze
grundsätzlich die von den Grünen geforderte Erhöhung
des Anteils von Frauen in Aufsichtsräten.
Bezugsgröße solle aber keine abstrakte Zahl, sondern der
jeweilige Frauenanteil im Unternehmen sein. Der DGB verpflichte
sich, bis 2012 den Frauenanteil auf der Arbeitnehmerseite
kontinuierlich zu erhöhen. Seine Organisation sehe aber eine
"Bringschuld bei der Kapitalseite". Der Frauenanteil in
Aufsichtsräten sei zurzeit fast ausschließlich durch
DGB-Vertreterinnen zustande gekommen.
Ursachen liegen woanders
Anne Zimmermann vom Deutschen Industrie- und
Handelskammertag sprach sich gegen die vorgeschlagene Regelung aus.
Gesetzliche Regelungen, wie im Antrag vorgeschlagen, führten
nur zur weiterer Bürokratisierung und dem Aufbau von
Hindernissen für Unternehmen. Die eigentliche Ursache, so
Zimmermann, läge in der eingeschränkten Berufswahl von
Frauen und Mädchen und in der fehlenden Vereinbarkeit von
Familie und Beruf. In Norwegen seien die Bedingungen für
erwerbstätige Eltern und vor allem für Frauen schon seit
längerem deutlich besser, insbesondere, was die
Kinderbetreuung betrifft.
Politischer Druck notwendig
Annette von Alemann von der Universität
Bielefeld meinte, in Teilen der Gesellschaft werde immer noch die
Annahme vertreten "gute Frauen setzen sich schon von alleine
durch". Dies stimme aber nicht. "Politischer Druck" sei deshalb
erforderlich, ein "Bewusstseinswandel" nötig, um in den
Unternehmen etwas zu ändern.
Sanktionen sinnvoll
Professor Jutta Glock vom Deutschen Juristinnenbund e.V. begrüßte ebenfalls den Vorschlag der Grünen. Es sei wissenschaftlich belegt, dass Unternehmen mit mindestens drei Frauen in Führungsgremien größeren wirtschaftlichen Erfolg erzielten. Grundsätzlich sei auch die Forderung nach Sanktionen positiv zu werten. Allerdings forderte die Sachverständige, parallel zur Einführung der Quote auch die qualitativen Anforderungen von Aufsichtsratsmandatsträger gesetzlich zu verankern. Die Unternehmen seien zu verpflichten, potentielle Aufsichtsratkandidaten entsprechend auszubilden.
Liste der Sachverständigen:
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Annette von Alemann, Universität Bielefeld
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Dr. Beate E. Degen, Wirtschaftsjunioren Deutschland, Berlin
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Ansgar Gabrielsen, Wirtschaftsminister a.D., Oslo
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Prof. (Asoc.) Dr. Jutta Glock, Rechtsanwältin, Deutscher Juristinnenbund e.V., Berlin
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Rainald Thannisch, Deutscher Gewerkschaftsbund Bundesvorstand, Abteilung Mitbestimmung und Unternehmenspolitik, Berlin
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Prof. Dr. Christine Windbichler LL.M., Humboldt-Universität zu Berlin
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Dr. Anne Zimmermann, Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Leiterin des Referats Soziale Sicherung, Vereinbarkeit Familie und Beruf, Berlin