Ja zum einheitlichen europäischen Luftraum
Die Schaffung eines einheitlichen europäischen Luftraums – Single European Sky (SES) – wird von den Experten begrüßt. Dies wurde am Mittwoch, 22. April 2009, in einer Anhörung des Verkehrsausschusses deutlich.
Gegenstand der Anhörung waren ein Gesetzentwurf von CDU/CSU
und SPD zur Ausgestaltung einer EU-konformen Luftsicherung (
16/12279) sowie ein Gesetzentwurf der
Bundesregierung (
16/11608), mit dem ein Bundesaufsichtsamt
für Flugsicherung errichtet werden soll. Einbezogen in die
Anhörung war auch ein Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen
zur Änderung des Grundgesetzes (
16/12280).
"Kohlendioxidemissionen einsparen"
Joachim Hunold vom Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften (BDF) betonte in seiner schriftlichen Stellungnahme, dass mit dem Vorhaben SES bis zu zwölf Prozent der vom europäischen Luftverkehr verursachten Kohlendioxidemissionen eingespart werden könnten. Dieses würde aus kürzeren Flugrouten, treibstoffeffizienteren Flughöhen sowie aus dem Abbau von Warteschleifen resultieren.
Damit würden nicht nur die Umwelt sondern auch die
Fluggesellschaften, deren Kosten zu mehr als 20 Prozent auf den
Treibstoff entfielen, deutlich entlastet werden. "Dies ist ein
Konjunkturpaket, das den Steuerzahler nichts kostet", betonte
Hunold. Mit der Gesetzesänderung würden auch nach dem
EU-Recht zugelassene Flugsicherungen Aufgaben der Flugsicherung in
Deutschland wahrnehmen können. Dies sei zwingende
Voraussetzung für das Kernelement des Vorhabens SES, die
Schaffung so genannter funktionaler Luftraumblöcke.
Altersgrenze von 55 Jahren
Hunold forderte jedoch, dass, anders als im Gesetzentwurf vorgeschlagen, für alle Fluglotsen unabhängig von ihrem Lebensalter die gleichen Anforderungen gelten sollten. Im Gesetzentwurf sei eine Altersgrenze von 55 Lebensjahren vorgesehen, mit der die ohnehin schon regelmäßig stattfindenden Tauglichkeitstests für Fluglotsen um "zusätzliche Anforderungen" ergänzt werden sollten.
Auch Dieter Kaden, Vorsitzender der
Geschäftsführer Deutsche Flugsicherung (DFS), hält
die in den Gesetzentwürfen vorgeschlagenen Regelungen für
"dringend notwendig". Sie würden das zurzeit rechtliche und
politische Machbare darstellen. Weitere Verzögerungen seien
nunmehr unter allen Umständen zu vermeiden, forderte er.
Klare Vorgaben für alle Flugsicherungsorganisationen
Mit dem vorgelegten Gesetzespaket könne sichergestellt werden, dass die DFS GmbH, aber auch alle anderen in Deutschland tätigen Flugsicherungsorganisationen, klare Vorgaben erhalten, die im Einzelnen nun auch durch das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung weiter präzisiert werden könnten und müssten.
Für Dirk Wendland von der Gewerkschaft der
Flugsicherung (GdF) darf der Wunsch, diese Gesetzesvorhaben noch
vor Ablauf der Legislaturperiode umsetzen zu wollen, nicht dazu
führen, dass es in einem sensiblen Bereich wie der
Flugsicherung zur Absenkung von Sicherheitsstandards und zu
Auslegungsfragen in der Umsetzung von Gesetzen kommt. Deshalb hielt
er drei Änderungen für unbedingt notwendig.
Gefahr einer Folgeprivatisierung der Flugsicherung
So müssten zum Beispiel gemäß den SES-Verordnungen operative und regulative Aufgaben im Bereich der Flugsicherung getrennt werden. Arne von Spreckelsen, Bundesvorstand der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, stellte die Notwendigkeit der Grundgesetzänderung infrage. Dadurch sah er die mögliche Gefahr einer Folgeprivatisierung der Flugsicherung, die zuletzt Bundespräsident Horst Köhler aus verfassungsrechtlichen Bedenken abgelehnt hatte.
Für Prof. Dr. Joachim Wieland von der
Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer
entsprechen die Gesetzentwürfe dem gemeinsamen Ziel, das
deutsche Recht der Luftverkehrsverwaltung europatauglich zu machen.
Sie würden die Verantwortung des Bundes für die
Flugsicherung auch dort sichern, wo ausländische
Organisationen eingeschaltet werden, und legten die Grundlage
für eine effektive Aufsicht durch das neue Bundesaufsichtsamt
für Flugsicherung.
"Kein Kotau vor europäischen Vorgaben"
Prof. Dr. Michael Ronellenfitsch von der Universität Tübingen hielt auch die Grundgesetzänderung für notwendig. Er setzte sich aber dafür ein, dass der Satz im Gesetzentwurf "soweit Recht der Europäischen Gemeinschaft nicht entgegensteht" gestrichen wird. Es dürfe keinen "Kotau vor europäischen Vorgaben geben".
Liste der geladenen Sachverständigen
- Joachim Hunold, Mitglied des Vorstandes des Bundesv erbandes der Deutschen Fluggesellschaften e.V.
- Dieter Kaden, Vorsitzender der Geschäftsführung Deutsche Flugsicherung
- Prof. Dr. jur. Michael Ronellenfitsch, Lehrstuhl für öffentliches Recht und Verwaltungsrecht, Universität Tübingen
- Dr. Matthias Ruete, Generaldirektor der Generaldirektion Transport und Energie der Europäischen Kommission, Brüssel
- Arne von Spreckelsen, Bundesvorstand der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di
- Dirk Wendland, Leiter des Fachbereichs Flugsicherungstechnische Dienste und Mitglied des Bundesvorstandes der Gewerkschaft der Flugsicherung
- Prof. Dr. Joachim Wieland, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Finanz- und Steuerrecht, Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften, Speyer