Schily: Auch Journalisten müssen sich an Gesetze halten
Berlin: (hib/WOL) Mit Entschiedenheit hat sich Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) am Donnerstagnachmittag vor den Mitgliedern des Innenausschusses gegen Vorwürfe verwahrt, er habe in einer Rede vor dem Bundesverband der Deutschen Zeitungsverleger am 20. September in Berlin von einer "Gewährung" der Pressefreiheit gesprochen. Schily verlas dazu Teile dieser Rede. Danach habe er gesagt: "Pressefreiheit erst garantiert den freiheitlichen Staat." Er verwies weiter auf die "simple Rechtslage", dass das Ermittlungsverfahren zur Durchsuchung der Redaktionsräume des Magazins "Cicero" nicht durch das Bundesinnenministerium (BMI), sondern durch die Staatsanwaltschaft in Potsdam veranlasst worden sei und dass das BMI auch keinerlei Einfluss auf das Personal oder andere Gegebenheiten genommen habe. Die Veröffentlichung von vertraulichen Unterlagen zur Bekämpfung von Terroristen entlaste einen Journalisten nicht vom Vorwurf der Beihilfe zum Geheimnisverrat. Dass sich auch Journalisten an Gesetze halten müssten, sei eine Banalität. Es wäre ein grober Denkfehler, so der Minister, dies als Verletzung des Presserechts zu verstehen. Anders als vielfach dargestellt, habe die Veröffentlichung von Verschlusssache-Dokumenten eben nicht dazu gedient, ein unrechtmäßiges Verhalten des Staates aufzuklären.
Schily wandte sich in diesem Zusammenhang auch gegen Vorwürfe eines "totalitären Verhaltens", die aufgrund von "falsch übernommenen Zitaten" vielfach gegen ihn erhoben worden seien. Zum Verlangen der CDU/CSU-Fraktion, er solle sich als künftiger Alterspräsident des Bundestages für abschätzige Bezeichnungen einiger seiner Kollegen entschuldigen, entgegnete der Minister, man müsse sich ernsthaft fragen, "wer sich bei wem entschuldigen" solle, wenn zuvor mittels falscher Zitate sein gesetzmäßiges Verhalten kritisiert worden sei. Scharf wies Schily auch den Vorwurf zurück, er wolle die Journalisten zu den eigentlichen Tätern machen. Es sei immer eindeutig von einer Beihilfe zum Geheimnisverrat durch die Journalisten im Unterschied zur Haupttäterschaft durch staatliche Geheimnisträger gesprochen worden.
Ergänzend zu dem Bericht des Innenministers hatte der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, erläutert, warum man im BKA - unter Wegnahme der Quellenangaben ausländischer Geheimdienste und sonstiger Informationsträger - einem vergrößerten Kreis von Mitarbeitern dieses und ähnliche Papiere zugänglich gemacht habe. Ziercke verwies dabei auf Erkenntnisse der Behörden vor allem in Madrid, wonach ein mangelnder Austausch von Informationen über Terroristen und deren Aktivitäten zwischen Ermittlern, Analysten und Gefährdungsbewertern zu Defiziten bei der Verfolgung und Vermeidung terroristischer Straftaten geführt habe, in deren Folge es damals zu den Attentaten gekommen sei. Bei Redaktionsschluss dauerte die Sitzung noch an.
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