Ausschuss für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Anhörung)/
Berlin: (hib/HAU) Experten weisen den Regeln der "guten fachlichen
Praxis" beim Anbau von gentechnisch veränderten Organismen
(GVO) eine hohe Bedeutung zu. Dies wurde während einer
öffentlichen Anhörung im Ausschuss für
Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am
Mittwochvormittag deutlich. Dabei wurden Fragen zur
Bürokratiebelastung der Landwirte, sowie zu vorhandenen
Innovationshemmnissen bei der Einführung der Grünen
Gentechnik erörtert. Hauptstreitpunkt jedoch waren Regelungen
zum Mindestabstand zwischen GVO-Feldern und Feldern mit
gentechnisch nicht veränderten Pflanzen ebenso wie die sich
durch eventuelle Auskreuzung ergebenden Haftungsregelungen. Die
Gentechnikindustrie, so forderte der Bund Ökologische
Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), müsse sich klaren
Regelungen unterwerfen. Ziel dieser Regelungen müsse es sein,
die Kontamination nicht nur zu begrenzen, sondern zu vermeiden. Nur
so könne man die Wahlfreiheit für Verbraucher und
Produzenten garantieren. Dazu benötige man klare
Haftungsregelungen ebenso wie eine Verdreifachung des
Mindestabstandes von 150 Metern. Der Deutsche Bauernbund (DBB) hat
ebenfalls große Probleme mit dem GVO-Anbau. Es gebe
wirtschaftliche, rechtliche und auch ethisch-moralische Bedenken.
Neben dem zu erwartenden Arbeitsplatzabbau und den unklaren
Haftungsregelungen bereite die Einflussnahme auf die Schöpfung
Sorgen. "Wir sollten", so DBB-Präsident Kurt-Henning Klamroth,
"dem lieben Gott nicht zu sehr ins Handwerk pfuschen." Der Deutsche
Raiffeisenverband (DRV) steht der Grünen Gentechnik hingegen
"neutral" gegenüber. Die Frage, ob man Gentechnik wolle oder
nicht stelle sich ohnehin nicht mehr, da sie längst ein
wichtiger Faktor in der Landwirtschaft sei. Es gehe nun um die Art
und Weise des Miteinanders. Man begrüße daher die
Absicht der Bundesregierung, Regeln zur guten fachlichen
Anbaupraxis als Voraussetzung für Koexistenz und Wahlfreiheit
festzulegen. Aus Sicht des DRV bildet der 150 Meter
Isolationsabstand dabei eine akzeptabel Basis für die Regelung
der Haftungsfragen. Greenpeace hingegen forderte den Stopp der
Freisetzung von genveränderten Pflanzen. Die Bio-Branche boome
und schaffe im Gegensatz zur Agro-Gentechnik Arbeitsplätze.
Der Staat sei gefordert, und müsse nun Koexistenz- und
Haftungsregelungen festlegen. Der vorgeschlagene Abstand von 150
Meter zwischen den Feldern sei dazu allerdings ungeeignet. Damit,
so Greenpeace, komme es garantiert zu Kontaminationen. Auch
Professor Ulrich Heink von der TU Berlin sieht den
Isolationsabstand von 150 Metern als "nicht ausreichend" an. Er
müsse "deutlich" darüber liegen. Heink forderte
außerdem, dass die Nichtbeachtung der guten fachlichen Praxis
beim GVO-Anbau als Ordnungswidrigkeit angesehen werde und weitere
Rechtsfolgen auslöse. Jens A. Katzek,
Geschäftsführer der Bio Mitteldeutschland GmbH,
kritisierte den Verlauf der Debatte um den Einsatz der Grünen
Gentechnik. Im Interesse einer Koexistenz sollte man tolerant
gegenüber dem Anderen sein. Diese Toleranz vermisse er in der
Diskussion. Gegner der Gentechnik würden immer wieder Probleme
"aufblähen", um die Grüne Gentechnik in Misskredit zu
bringen, anstatt auf ein reibungsloses und gleichberechtigtes
Nebeneinader hinzuarbeiten. In diesem Zusammenhang kritisierte
Katzek auch den Mindestabstand von 150 Meter. Dieser sei ein
unrealistischer Wert, der etwa fünffach über dem liege,
der zur Einhaltung des EU-Schwellenwertes notwendig sei.
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