Schily weist "kompletten Unsinn" zurück
Berlin: (hib/KOS) Als "kompletten Unfug" und "kompletten Unsinn" bezeichnete Ex-Innenminister Otto Schily am Donnerstag zum Auftakt seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss Vermutungen, er sei über die Festnahme und Verschleppung Khaled El-Masris durch US-Stellen bereits vor der vertraulichen Unterrichtung durch US-Botschafter Daniel Coats am 31. Mai 2004 wenige Tage nach der Freilassung des Deutsch-Libanesen informiert gewesen. Mit diesen Worten wies der SPD-Politiker entsprechende Spekulationen zurück, die im Vorfeld dieser Sitzung in Medienberichten genährt worden waren und beim heutigen Ausschuss-Treffen von Oppositionsseite gegenüber Journalisten aufgegriffen wurden: Danach hätte, so etwa der FDP-Abgeordnete Max Stadler, Schily im Mai 2004 im Verlauf von Reisen in die USA und nach Afghanistan über El-Masris rund fünfmonatige Entführung möglicherweise informell unterrichtet worden sein können, weshalb er dann eventuell auf die Freilassung des in Afghanistan eingesperrten Deutsch-Libanesen gedrungen habe. Der frühere Minister unterstrich, dass seine Afghanistan-Visite nichts mit den Vorgängen um El-Masri zu tun gehabt habe. Der Ausschuss prüft, ob deutsche Behörden bis hin zur Regierung frühzeitig vom rechtswidrigen Kidnapping des fälschlicherweise unter Terrorverdacht geratenen Neu-Ulmer Bürgers Kenntnis hatten und in diese Aktion verwickelt waren.
Schily kündigte zu Beginn seiner Vernehmung an, nähere Angaben über Details der auf eine dringliche Bitte des US-Botschafters zustande gekommenen Unterredung mit Coats wegen der damals vereinbarten Vertraulichkeit nur hinter verschlossenen Türen machen zu wollen. Er habe dem US-Gesandten während des Gesprächs deutlich gemacht, so der SPD-Politiker in öffentlicher Sitzung, dass es sich bei der Verhaftungsaktion um einen "ernsten Vorgang" handele, der scharf zu missbilligen sei. Auch später habe er gegenüber der amerikanischen Seite, etwa im Verlauf von USA-Reisen, darauf hingewiesen, dass dieser Fall für die beiderseitigen Beziehungen "keine erfreuliche Angelegenheit" sei. Laut Schily teilte ihm Coats bei der seinerzeitigen Begegnung unter anderem Folgendes mit: Die festgenommene Person mit deutschem Pass habe auf einer "Warnliste" gestanden, man habe einen Fehler gemacht, der Terrorverdacht habe sich nicht bestätigt, man habe sich entschuldigt und gegen die Zusage von Stillschweigen an den Betreffenden Geld gezahlt. Der US-Botschafter, so der Ex-Minister, habe keine Angaben über die Dauer der Entführung und über das Land gemacht, in dem El-Masri festgehalten wurde.
In der Rückschau ist es aus Schilys Sicht "nicht zu tadeln", dass Gerhard Schindler von der Polizeiabteilung des Innenressorts, der beim Treffen mit Coats anwesend war, trotz der vereinbarten Vertraulichkeit seinen Vorgesetzten Günter Krause über die Mitteilung des US-Gesandten ins Vertrauen zog. Der am Donnerstag vor der Vernehmung des ehemaligen Ministers befragte Leiter der Polizeiabteilung hatte erklärt, er habe dann noch die Vizepräsidenten des Bundeskriminalamts und des Bundesamts für Verfassungsschutz in Kenntnis gesetzt. Krause sprach von einer "intelligenten" Auslegung der Vertraulichkeitszusage gegenüber Coats. Vor der Anhörung Schilys kritisierten die Oppositionsabgeordneten gegenüber den Medienvertretern, dass der Ex-Minister und die wenigen Eingeweihten ihre Information eineinhalb Jahre für sich behielten und den deutschen Ermittlungsbehörden keine Hinweise gaben, die mit der Aufklärung des Falls El-Masri beschäftigt sind. Schily sagte in diesem Zusammenhang, der Staat müsse nicht nur die Rechte einzelner Bürger verteidigen, sondern angesichts der Bedrohungen durch den Terrorismus auch die Sicherheit aller Bürger gewährleisten. Dabei sei man auf den Informationsaustausch insbesondere mit US-Stellen angewiesen, der nicht gefährdet werden dürfe. Dieser Nachrichtenfluss werde infrage gestellt, wenn man Vertraulichkeitszusagen nicht einhalte.
Der SPD-Politiker erläuterte vor den Abgeordneten, dass er gegenüber der US-Seite mehrfach darauf gedrungen habe, die deutschen Ermittlungen zur Verschleppung El-Masris zu unterstützen. Mehr als die Bestätigung des Eingangs eines entsprechenden Gesuches durch das FBI habe es aber nicht gegeben.
Ihm sei "nicht erinnerlich", so Schily, dass deutsche Stellen Informationen über den Deutsch-Libanesen an die USA weitergereicht hätten. Er habe auch keine Erkenntnisse über den deutschsprachigen "Sam", der laut El-Masri in der Endphase seiner Inhaftierung in Afghanistan bei seinen Vernehmungen beteiligt war. Die Identität "Sams" ist nach wie vor ungeklärt.
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