Liberale: Gerichtsvollzieherwesen muss privatisiert werden
Berlin: (hib/BOB) Eine Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens schlägt die FDP-Fraktion in einem Antrag ( 16/7179) vor. Es fehlt nach Ansicht der Liberalen im bisherigen Recht nach wie vor eine klare und eindeutige gesetzliche Regelung für diesen Beruf. Deswegen sei ein Systemwechsel erforderlich. Es sei zu erwarten, dass freiberuflich tätige Gerichtsvollzieher eine weitere Effizienzsteigerung und eine erhebliche Verkürzung der Zwangsvollstreckungsverfahren erwarten ließen. Zudem schlagen die Liberalen vor, dass die Zuständigkeit für die so genannte Forderungspfändung (angebliche Geldforderungen des Schuldners gegen einen Dritten werden auf Antrag vom Amtsgericht gepfändet) ganz auf den Gerichtsvollzieher übertragen werde. Die Fraktion argumentiert, es mache keinen Unterschied, ob der Gerichtsvollzieher im Zuge eines Vollstreckungsauftrages eine Sache beim Schuldner oder eine Geldforderung beim Drittschuldner pfände. Im Vordergrund müsse die möglichst rasche Befriedigung des Gläubigers stehen. Aufgrund der größeren Sachnähe seien die Gerichtsvollzieher eher in der Lage, die Zahlung der Drittschuldner problemlos zu überwachen und zu kontrollieren.
Ferner schlägt die FDP-Fraktion vor, die Gerichtsvollzieher stärker als bisher an der gütlichen Streitbeilegung zu beteiligen. Die Justiz würde dadurch "erheblich" entlastet. Vor Einleitung eines Mahn- oder Klageverfahrens könne der Gläubiger den Gerichtsvollzieher beauftragen, eine unbezahlte, angemahnte Forderung einzuziehen. So ließen sich angedrohte Vollstreckungsmaßnahmen eventuell vermeiden. Dieses Verfahren würde dem Schuldner entgegenkommen, die die Forderung nicht bestreite, sich aber außerstande sehe, diese sofort zu tilgen. Die Gerichtsvollzieher könne somit bereits in einem frühen Stadium eine wichtige Vermittlerrolle spielen, so die Liberalen.
Die Fraktion verweist im diesem Zusammenhang, auf die schlechte Zahlungsmoral in Deutschland. Diese treffe besonders den Mittelstand. Handwerker müssten Material, Löhne der Mitarbeiter und andere Kosten vorfinanzieren, aber ihren Forderungen immer häufiger hinterherlaufen. Nicht bezahlte Rechnungen bedeuteten im schlimmsten Fall, dass der nächste Auftrag nicht vorfinanziert werden könne und der Betrieb Pleite gehe. Bedroht sei auch die Wohnungswirtschaft durch steigende Mietausfälle. Nach einer von der FDP-Fraktion angeführten Studie zum Zahlungsverhalten der deutschen Wirtschaft sei im ersten Quartal dieses Jahres nur circa 68 Prozent aller Rechnungen vereinbarungsgemäß gezahlt worden. Im Baugewerbe seien sogar nur circa 58 Prozent pünktlich beglichen worden. Nach wie vor werde Kritik geäußert, das Zwangsvollstreckungsverfahren sei zu aufwendig, zu bürokratisch und zu langwierig. Daran habe auch die Reform zum 1. Januar 1999 nichts ändern können.
Herausgeber
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Uta Martensen
Redaktionsmitglieder: Dr. Bernard Bode, Götz Hausding, Michael
Klein, Dr. Susanne Kailitz, Dr. Volker Müller, Monika Pilath,
Günter Pursch, Annette Sach, Bernadette Schweda, Alexander
Weinlein, Siegfried F. Wolf
Haben Sie inhaltliche Fragen?
Inhaltliche Fragen richten Sie bitte an die Initiatoren (Fraktionen, Bundesregierung) der jeweiligen parlamentarischen Vorlage. Die Telefonnummer finden Sie auf den entsprechenden Web-Seiten.