1. Untersuchungssausschuss/
Berlin: (hib/KOS) Ein "klares Nein, das schließe ich aus":
Mit diesen Worten reagierte Ernst Uhrlau vor dem
Untersuchungsausschuss auf die Frage des Abgeordneten
Hans-Christian Ströbele (Grüne), ob der
Bundesnachrichtendienst (BND) im Herbst 2001 bei der rechtswidrigen
Verschleppung Mohammed Haydar Zammars von Marokko nach Syrien
mitgeholfen habe. Zum Auftakt der Zeugenvernehmungen am Donnerstag
trat der damalige Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt auch
Darstellungen in Medienberichten entgegen, nach den Attentaten von
New York sei die deutsche Seite schon bald über das von den
USA praktizierte Kidnapping von Terrorverdächtigen samt
geheimen Gefangenenflügen informiert gewesen. Entsprechende
Gespräche mit US-Stellen seien im Herbst 2001 nicht
geführt worden, so der heutige BND-Präsident. Dies sei
schon deshalb ausgeschlossen gewesen, weil unmittelbar nach dem 11.
September ein "Entführungsprogramm" seitens der USA noch gar
nicht existiert habe. Zu Vorwürfen, seinerzeit hätten
deutsche Geheimdienste US-Behörden "im Stillen" bei der
"Renditions"-Praxis helfen wollen, sagt der Zeuge: "Da wird ein
Gemälde gezeichnet", doch dazu gebe es "kein Butter bei die
Fische". Man habe stets innerhalb des deutschen Rechts agiert. Der
Ausschuss recherchiert, ob die hiesige Regierung und deutsche
Stellen eine Mitschuld trifft für die unter der Ägide der
USA organisierte, im Detail bis heute nicht bekannte Verschleppung
Zammars von Marokko nach Damaskus. Gegen den Deutsch-Syrer lief
nach den Anschlägen von New York wegen seiner Kontakte zu
Al-Qaida und zur Hamburger Terrorzelle ein Ermittlungsverfahren,
doch reichten die Verdachtsmomente für einen Haftbefehl nicht
aus. Zammar wurde nach seiner Festnahme in Marokko nach Damaskus
überstellt, wo er seither einsitzt und im Frühjahr 2007
wegen Mitgliedschaft in der Moslembruderschaft zu zwölf Jahren
Gefängnis verurteilt wurde. Uhrlau führte aus, die USA
hätten Berlin erst im Juni 2002 über die Festnahme
Zammars unterrichtet. Gerade angesichts der gemeinsamen
Anstrengungen beim Antiterror-Kampf nach dem 11. September sei
seine Reaktion "eine durchaus ärgerliche" gewesen, was er
gegenüber den US-Stellen auch deutlich zum Ausdruck gebracht
habe. Auf deutscher Seite habe eine "Empörungslage"
geherrscht. Der BND-Präsident betonte, dem Deutsch-Syrer habe
im Oktober 2002 mangels eines Haftbefehls und wegen unzureichender
Verdachtsmomente die Ausstellung eines Reisepasses für den
Flug nach Marokko nicht verweigert werden können. Derart
wandte sich der Zeuge gegen im Ausschuss mehrfach
geäußerte Kritik seitens der Opposition, man habe Zammar
trotz seiner Einstufung als Gefährder vielleicht ausreisen
lassen, um ihn absichtlich oder leichtfertig einem Zugriff durch
die USA zu überlassen. Der einstige Geheimdienstkoordinator
verteidigte die im Juli 2002 beschlossene Zusammenarbeit mit
Damaskus beim Einsatz gegen den Terrorismus und die in der Hoffnung
auf syrische Erkenntnisse als Gegenleistung verfügte
Einstellung eines Prozesses gegen zwei der Spionage angeklagte
syrische Agenten. Die Befragung Zammars in Damaskus durch deutsche
Vernehmer im November 2002 sei nicht Teil dieser Übereinkunft
gewesen, entsprechende Überlegungen seien erst im Herbst jenes
Jahres aufgekommen. Die Einstellung der Bemühungen um eine
konsularische Betreuung Zammars durch das Auswärtige Amt und
die "Arbeitsebene" des Kanzleramts im Herbst 2002 für
längere Zeit erklärte Uhrlau zum einen mit dem Hinweis,
man habe das Verhör des Deutsch-Syrers nicht gefährden
wollen. Zum andern sei auf der diplomatischen Ebene das
Bemühen um eine Betreuung Zammars ohnehin aussichtslos
gewesen, da Damaskus den Gefangenen allein als syrischen
Staatsbürger betrachtet habe. Er selbst, so der Zeuge, habe
sich dann von Herbst 2003 an für den Inhaftierten eingesetzt.
Schließlich habe man erreichen können, dass Zammar ein
ordentliches Gerichtsverfahren bekommen habe und nicht zum Tode
verurteilt worden sei. Im Laufe des Nachmittags und frühen
Abends wollte der Ausschuss noch den heutigen Kanzleramtsminister
Thomas de Maizière (CDU) und Außenminister
Frank-Walter Steinmeier (SPD) befragen, der während der
Verschleppung Zammars Chef des Kanzleramts war.
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