Kinderkommission zur Föderalismusreform: Risiken und Nebenwirkungen ausschließen!
Stellungnahme der Kinderkommission des Deutschen Bundestags zu den Auswirkungen der Föderalismusreform auf die Gesetzgebungskompetenz im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe:
Im zweiten Anlauf für eine Reform der bundesstaatlichen Ordnung besteht Einmütigkeit darüber, dass die Kinder- und Jugendhilfe Teil der konkurrierenden Gesetzgebung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 Grundgesetz (GG) bleibt. Die Kinderkommission begrüßt, dass der Bund auch in Zukunft materielles Jugendhilferecht erlassen kann. Dennoch gibt der vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes (BT-Drs. 16/813) im Zusammenhang mit dem erneut eingebrachten Entwurf eines Zuständigkeitslockerungsgesetzes (BT-Drs. 16/518) Anlass zur Sorge darüber, ob die Substanz der bundesweiten Gesetzgebungskompetenz im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe erhalten bleibt. Die Föderalismusreform darf nicht zu einer beliebigen Ausdifferenzierung wesentlicher Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe in den Ländern und Kommunen führen.
Insbesondere die Neufassung Art. 84 Abs. 1 GG (Art. 1 Abs. 9 Gesetzentwurf) ist so zu gestalten, dass das SGB VIII seinen Charakter als modernes und zukunftsfähiges Leistungsgesetz behält. Ein gemeinsamer Rahmen von Standards und Strukturen bleibt auch weiter eine Voraussetzung für die Verbesserung der Lebenslagen von Kindern und Jugendlichen. Wert und Erfolg der Reform sind deshalb daran zu messen, ob unerwünschte Risiken und Nebenwirkungen im Vorfeld ausgeschlossen werden:
Es muss zuverlässig gewährleistet sein, dass Betroffene, Fachkräfte und Freie Träger, aber auch kooperierende Behörden und Gerichte zukünftig bundesweit zweigliedrig organisierte und klar identifizierbare Jugendämter auf der Ebene der Kommunen und Länder vorfinden.
Die Bereitstellung eines gleichwertigen Angebots an Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe für alle Kinder, Jugendlichen und Familien muss auch durch zentrale Verfahrensregelungen im SGB VIII unterstützt werden. Die verlässliche Qualität der Angebote sowie die angemessene Gestaltung von Barrieren der Inanspruchnahme sind bundesweite Anliegen und dürfen nicht durch örtliche Prioritätensetzungen gefährdet werden.
Die Kinderkommission setzt sich auf Basis dieser Kriterien dafür ein, dass die Föderalismusreform im Rahmen der parlamentarischen Beratungen daraufhin überprüft wird, ob eine umfassende bundesweite Zuständigkeit im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe sichergestellt bleibt.
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