Die Nationalversammlung und die Grundrechte des deutschen Volkes
"Wir sollen schaffen eine Verfassung für Deutschland, für das gesamte Reich. Der Beruf und die Vollmacht zu dieser Schaffung, sie liegen in der Souveränität der Nation." Mit diesen Worten fasste der Präsident der Nationalversammlung, Heinrich von Gagern, die weitreichenden Erwartungen an die 585 Abgeordneten in der Paulskirche zusammen. Gewählt worden waren die Parlamentarier von ökonomisch unabhängigen Männern nach unterschiedlichen Wahlverfahren in den Einzelstaaten. Rund 75 Prozent der männlichen Deutschen waren wahlberechtigt. Frauen besaßen weder aktives noch passives Wahlrecht.
Nach Zusammentritt der Nationalversammlung formierte sich die Mehrheit der Abgeordneten zu politischen Gruppierungen. Konservative wollten die Rechte der Monarchie gewahrt sehen. Als gemäßigte Liberale befürworteten die meisten Abgeordneten eine konstitutionelle Monarchie mit eingeschränktem Wahlrecht. Demgegenüber forderte die Mehrheit der Demokraten eine parlamentarische Republik.
Auf fraktionsübergreifende Zustimmung stieß der im Dezember 1848 von der Nationalversammlung verabschiedete Grundrechtskatalog. Er sollte das rechtsstaatliche und freiheitliche Fundament des neuen Nationalstaates bilden: Gleichheit vor dem Gesetz, Presse, Meinungs, Versammlungs und Glaubensfreiheit, Unverletzlichkeit der Person und des Eigentums sowie der Schutz vor staatlicher Willkür sollten gewährleistet werden. Die individuelle und staatsbürgerliche Freiheit garantierenden Grundrechte wurden Bestandteil der am 27. März 1849 von der Nationalversammlung verabschiedeten "Verfassung des Deutschen Reiches".