Der Wähler hat das Wort
16 Mal waren die Bundesbürger bisher aufgerufen, ihre Volksvertretung zu wählen. Mal brachte der Urnengang den Machtwechsel im Land, mal nur minimale Verschiebungen bestehender Konstellationen. Vor der Wahl schicken Parteien ihre Kandidaten, Themen und Parolen in den demokratischen Wettstreit, bis der Wählerwille am Wahltag feststeht. Ein Rückblick in loser Folge auf die bundesweiten Urnengänge in den vergangenen 60 Jahren, auf Wahlkämpfe, Spitzenkandidaten und Slogans, auf Parteien und 16 Parlamente.
Ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik: 1980 bewirbt sich mit Franz Josef Strauß erstmals ein CSU-Politiker um das Amt des Regierungschefs. Rasch spitzt sich der Wahlkampf auf die Auseinandersetzung zwischen Amtsinhaber Helmut Schmidt (SPD) und seinem Herausforderer zu, Sachthemen drohen dabei unterzugehen.
Der Kampf um die Wählerzuneigung wird 1976 hart geführt. Im Jahr der achten Bundestagswahl leidet die Bundesrepublik unter hoher Arbeitslosigkeit, Konjunkturflaute nach der Ölkrise und Terrorismus. In Stammheim läuft der erste große Prozess gegen die Baader-Meinhof-Gruppe. Mit markanten Parolen, vier Stunden TV-Elefantenrunde und dem neuen Kanzlerkandidaten Dr. Helmut Kohl (CDU) werden die Deutschen zur Entscheidung an den Wahlurnen mobilisiert.
Unter dem Slogan „Wandel durch Annäherung“ beschreiten Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) und Außenminister Walter Scheel (FDP) seit ihrem Wahlsieg 1969 neue Wege in der Deutschland- und der Ostpolitik. Doch sind ihre Bemühungen um Entspannung im Verhältnis zu den Staaten des Warschauer Paktes nicht unumstritten: Die von Anfang an knappe Mehrheit der sozialliberalen Koalition im Parlament schwindet zusehends und führt im November 1972 zu vorgezogenen Bundestagswahlen. Jetzt liegt es in der Hand der Wählerinnen und Wähler, ob die Regierung Brandt-Scheel den eingeschlagenen außenpolitischen Kurs fortsetzen kann.
Eine Sensation am Ende der sechziger Jahre: Zum ersten Mal nach 20 Jahren ändern sich in Bonn die politischen Machtverhältnisse. Willy Brandt wird erster SPD-Kanzler der Bundesrepublik. Doch die Bundestagswahlen 1969 bringen noch mehr Veränderungen mit sich. Die F.D.P. schreibt sich nun mit Pünktchen, die Sozialdemokraten verabschieden sich vom harten Rot und versuchen es mit einem weicheren Orange. Erstmals engagieren die Parteien Werbeagenturen für einen professionellen Wahlkampf und drehen moderne Fernsehspots.
Ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD und Union sagten die Meinungsforscher bei den Bundestagswahlen 1965 voraus. Erstmals seit Gründung der Bundesrepublik 1949 konnten die Sozialdemokraten darauf hoffen, mehr Wählerstimmen zu erringen als die Union. Mit Spannung wurde daher das Votum der Bürgerinnen und Bürger am 19. September erwartet: Würde sich Willy Brandt, der charismatische Kanzlerkandidat der SPD, gegen Bundeskanzler Ludwig Erhard (CDU), den populären „Vater des Wirtschaftswunders“, durchsetzen können?
Die Wahl zum vierten Deutschen Bundestag wird vom Bau der Berliner Mauer überschattet. Der 13. August 1961 setzt den Bemühungen um eine Lösung der strittigen Deutschland- und Berlin-Frage ein jähes Ende. In Bonn zeigt die Kanzlerschaft Adenauers schon seit einiger Zeit erste Schwächezeichen, die SPD eröffnet sich dagegen mit ihrem Godesberger Programm und der Hinwendung zur Marktwirtschaft neue Perspektiven. Am 17. September 1961 treten neun Parteien und sieben Wählergruppen treten an. Der 85-jährige Konrad Adenauer stellt sich ein viertes Mal zur Wahl. Die SPD setzt auf die Popularität des Regierenden Bürgermeisters von West-Berlin, Willy Brandt, und die Erneuerungskraft des 47-Jährigen. Sie kürt ihn und nicht den Parteichef Erich Ollenhauer zum Kanzlerkandidaten.
Eigentlich brauchte sich Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) um den Sieg seiner Partei bei der Bundestagswahl im September 1957 keine Sorgen zu machen: Die Wirtschaft in der jungen Bundesrepublik brummte, die Rentenreform vom Januar 1957 mit der Einführung der dynamischen Rente erwies sich als sozialpolitischer Glücksgriff, und auch außenpolitisch konnte sich der 81-Jährige als erfolgreicher Macher präsentieren, der mit dem Beitritt der Bundesrepublik zur NATO 1955 seinem Ziel der politischen und militärischen Westintegration ein großes Stück näher gekommen war.
Die Bundestagswahl 1953 ist eine Abstimmung über den Kurs des ersten Bundeskanzlers der Republik, Konrad Adenauer (CDU), über seine Politik der Westintegration, Wiederbewaffnung und „sozialen Marktwirtschaft“. Die Union gewinnt am 6. September 1953 die absolute Mehrheit der Mandate dank eines starken Stimmenzuwachses von 31 auf 45,2 Prozent. Die Wahlbeteiligung ist auf 86 Prozent gestiegen und wird als Zustimmung zur Demokratie gewertet. Erstmals erscheint die Zweitstimme auf dem Wahlzettel. Neu ist auch, dass Statisten die Stimmabgabe und Wahlbeteiligung aufgeschlüsselt nach Geschlecht und Alter erheben.
Keine drei Monate nach Verabschiedung des Grundgesetzes im Mai 1949 finden die Wahlen zum ersten Deutschen Bundestag statt. Mehr als vier Jahre nach Kriegsende, erstmals seit 1932, dürfen die Wähler wieder frei ihr Parlament wählen. 78,5 Prozent, das sind 24,5 Millionen der insgesamt gut 31 Millionen Wahlberechtigten, machen am 14. August 1949 von ihrem Recht Gebrauch.