Alle Deutschen wählen den Bundestag, so steht es im Bundeswahlgesetz. Alle Unionsbürger wählen das Europaparlament, so besagt es der EG-Vertrag. So weit, so plausibel. Doch nachdem alle EU-Bürger ihre Freizügigkeit in der gesamten Europäischen Union genießen können, stellt sich die Frage: Wo seine Stimme für die Europaabgeordneten abgeben - im Herkunftsland oder in der Wahlheimat? Seit dem Vertrag von Maastricht, der am 1. November 1993 in Kraft trat, kann das jeder Unionsbürger selbst entscheiden.
Am 4. Februar 1994 beschloss der Bundestag dann eine entsprechende Änderung des Europawahlgesetzes. Jeder EU-Bürger kann auch in der Bundesrepublik seine Stimme abgeben und sich selbst zur Wahl stellen. Einzige Voraussetzungen: Er muss seit mindestens drei Monaten in Deutschland leben, sich in das Wählerverzeichnis eintragen lassen und das 18. Lebensjahr vollendet haben. Außerdem kann sich niemand gleichzeitig in Deutschland und in einem anderen Mitgliedstaat zur Wahl bewerben.
Die Bonner Parlamentarier diskutierten nicht lange über diese Gesetzesnovelle und stimmten ohne Aussprache in breiter Mehrheit dafür. Schon von Beginn an waren sich Regierung und Opposition weitgehend einig: Den Gesetzentwurf brachten die regierenden Parteien von CDU/CSU und FDP gemeinsam mit der SPD ins Plenum ein.
Ein einheitliches europäisches Wahlsystem gibt es aber nicht. Bei der Ausgestaltung des Wahlmodus haben die Mitgliedstaaten freie Hand. Deutschland entsendet seine 99 Vertreter im Parlament nach dem Verhältniswahlrecht.