In einem Punkt herrschte Einigkeit unter den zu einer öffentlichen Anhörung des Verbraucherschutzausschusses am 28. Januar geladenen Experten: Die aktuelle Finanzkrise hat für einen Vertrauensverlust bei den Anlegern gesorgt. Das Vertrauen müsse schnellstens wieder hergestellt werden.
Doch schon bei der Frage, wie es zu der Krise auf dem Finanzmarkt kommen konnte, fallen die Antworten unterschiedlich aus. Während die Bankenvertreter von einer "in ihrem Ausmaß nicht vorhersehbaren Finanzmarktkrise" sprachen, ist die Krise aus Sicht von Professor Udo Reifner vom Institut für Finanzdienstleistungen Folge des "Rückzugs der staatlichen Grenzsetzung und Kontrolle in den letzten 15 Jahren aus den Finanzmärkten".
Wie nun der Anlegerschutz bei Finanzdienstleistungen zukünftig verbessert werden soll, ist zwischen Banken und Verbraucherschützern ebenfalls umstritten. Die Vertreter des Bundesverbandes der Volks- und Raiffeisenbanken lehnten ebenso wie die Vertreter des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes sowohl eine Umkehr der Beweislast als auch die Verlängerung der Verjährungsfrist ab. Stattdessen sprachen sie sich für eine Aushändigung des Anlegerprofils an den Kunden sowie für Kurzinformationen über aktiv vertriebene komplexe Produkte aus.
Mit einer Umkehr der Beweislast, so der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken, wäre ein erheblicher Eingriff in die deutsche Rechtssystematik verbunden. Grundsätzlich habe der Kunde zu beweisen, dass der Geschäftspartner Pflichten verletzt habe. Die Verlängerung der Verjährungsfrist von derzeit drei Jahren sei angesichts der Schwankungsbreite des Marktes im Interesse der Rechtssicherheit nicht gerechtfertigt. Die angedachte Einzeldokumentation aller Kundengespräche führe wiederum zu einer erheblichen bürokratischen Belastung aller Beteiligten. Auch bei noch so guter Beratung bestünden Risiken bei Finanzanlagen, ergänzte der Vertreter des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes. Er äußerte sich kritisch zu einer Ampelkennzeichnung von Finanzprodukten. Damit würde man den Anlegern "Steine statt Brot geben" und lediglich "falsche Erwartungen" wecken.
Für eine Umkehr der Beweislast sprach sich hingegen Hermann-Josef Tenhagen von der Stiftung Warentest aus. Ähnlich wie beim Autokauf müsse der Anbieter gewährleisten, dass das Produkt funktioniere. Da bei Finanzdienstleistungen der Erfolg oder Misserfolg erst später eintrete, müsse die Verjährungsfrist verlängert werden. Diese Forderungen unterstützte auch Manfred Westphal vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Verbraucherschutz, so Westphal, sei wichtig für einen funktionierenden Markt. Dazu brauche es auch eine Art "Marktwächter". Eine verbraucherorientierte Finanzmarktkontrolle dürfe angesichts möglicher Interessenkonflikte nicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht übertragen werden, sondern müsse unter dem Dach der Verbraucherzentralen angesiedelt werden, forderte Westphal.
Die Ampelkennzeichnung bei Finanzprodukten sei ein "sympathischer Gedanke", sagte Edda Castello, von der Verbraucherzentrale Hamburg. Dass sich die Banken dagegen sträubten, sei ein "gutes Zeichen". Ihre Erfahrungen hätten zudem gezeigt, dass Anleger oftmals nicht wüssten, was sie eigentlich gekauft haben. Auf den Mangel an Kenntnissen über das gekaufte Produkt verwies auch Rechtsanwalt Julius Reiter. Das beträfe Klienten aus allen Bildungsschichten und zeuge von der "Informationsasymmetrie", die zu dem Marktversagen geführt habe.
Professor Udo Reifner sagte, es müssten Unterschiede gemacht werden zwischen Kunden, die ihr Geld als Altersvorsorge anlegen möchten und jenen, die es gewinnorientiert investieren wollen. "Wer Altersvorsorge betreiben will, dem dürfen keine Zertifikate von Lehman Brothers verkauft werden", so Reifner.