Die Massenvernichtung der Juden im Zweiten Weltkrieg ist singulär. Es handelt sich dabei aber keineswegs um den einzigen Fall von Massenmorden im 20. Jahrhundert. Auf bekannte wie unbekannte Kriegsverbrechen und Völkermorde macht das vom Fritz Bauer Institut herausgegebene Jahrbuch 2004 zur Geschichte und Wirkung des Holocausts aufmerksam.
Die 13 Beiträge widmen sich dem Genozid an den Herero und Nama in Deutsch-Westafrika 1904 - 1908, dem Völkermord der Türken an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs, dem Gaskrieg gegen die Rif-Kabylen in Spanisch-Marokko, den Kolonialverbrechen des faschistischen Italiens in den 20er- und 30er-Jahren, dem Terror des Stalinismus, der Rolle von John Raabe bei den japanischen Massakern von Nanking und den antisemitistischen Ausschreitungen im polnischen Jedwabne zwischen 1939 und 1941. Viele dieser Verbrechen werden noch immer verschwiegen oder bagatellisiert.
Bei den meisten Beiträgen handelt es sich um gut belegte Aufsätze von Kennern der Materie, die häufig einen Einblick in bislang nur wenig berücksichtigte Aspekte geben. Darüber hinaus veranschaulicht das Buch, dass die Erinnerung an andere Massen- und Völkermorde keineswegs mit einer Relativierung des Holocausts einher gehen muss, sondern dass sich gerade bei vergleichender Betrachtung seine historische Besonderheit zeigt.
Fritz Bauer Institut (Hrsg.)
Völkermord und Kriegsverbrechen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Jahrbuch 2004 zur Geschichte und Wirkung des Holocaust.
Campus-Verlag, Frankfurt/M. 2004; 339 S., 29,90 Euro