Recht. Ein Gesetzentwurf des Bundesrates ( 15/2951) mit zur Aufnahme des Tatbestandes der "Abrisskündigung" in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) ist in einer Anhörung von Experten überwiegend abschlägig beurteilt worden. Dies wurde bei einer öffentlichen Sitzung des Rechtsausschusses am 23. Februar deutlich.
Die Länderkammer hatte sich aufgrund der vielen Leerstände auf dem Wohnungsmarkt insbesondere in Ostdeutschland zu der Initiative genötigt gesehen. Die Leerstände, so hieß es, führten bei den Wohnungsbauunternehmen zu Existenz gefährdenden Mietausfällen bei gleich bleibenden Unterhaltskosten. Eine Zulassung der Abrisskündigung sei daher unter gewissen Vorrausetzungen hinnehmbar.
Nach Ansicht des Direktors des Deutschen Mieterbundes, Franz Georg Rips, ist der Gesetzentwurf überflüssig, da die mit ihm angesprochenen Probleme auch nach derzeit gültiger Rechtslage zu lösen seien. So bestehe seit dem 1. Mai 2004 auch bei ostdeutschen Altverträgen die Möglichkeit der Verwertungskündigung. Außerdem habe der Bundesgerichtshof (BGH) den Leerstand als ein berechtigtes Interesse des Vermieters zur Kündigung festgestellt. Der Entwurf der Länderkammer hingegen sei "inhaltlich unausgewogen" und "konfliktträchtig". Er führe zu vermehrten gerichtlichen Auseinandersetzungen und damit zu Zeitverzögerungen. Zudem sei er einseitig, da er die Mieterinteressen nicht ausreichend berücksichtige.
Auch Rechtsanwalt Norbert Schönleber aus Köln sah keine Notwendigkeit für die Aufnahme eines neuen Tatbestandes in das BGB. Es gelte einen Spagat zu schaffen zwischen den Interessen der Vermieter an einer Räumung und am Abriss von Objekten mit größerem Leerstand und dem berechtigten Schutz der Mieter, die im Wohnumfeld fest verwurzelt seien und aus eher spekulativen Gründen aus dem Objekt gedrängt werden sollen. Dies sei jetzt schon möglich.
Für den Amtsrichter am Amtsgericht Pinneberg, Werner Hinz, ist das Bedürfnis nach einer neuen gesetzlichen Regelung ebenfalls "zweifelhaft". Der BGH habe mit seinen Urteilen zuletzt der Praxis brauchbare Kriterien für Abriss und Rückbau im Wege des allgemeinen Kündigungstatbestandes an die Hand gegeben. Zudem sei es fraglich, ob die in dem Entwurf vorgesehenen Kündigungsmöglichkeiten tatsächlich Rechtssicherheit schaffen werden. Insbesondere die Nachweispflicht der Vermieter werde zahlreiche Unwägbarkeiten mit sich bringen, so Hinz.
Sein Kollege vom Amtsgericht Dortmund, Ulrich Schumacher, sah die vorhandenen Vorschriften ebenfalls als ausreichend an. Sie schafften einen fairen Ausgleich zwischen Vermieter und Mieter. Der einschlägige Paragraf des BGB werde nicht umsonst immer wieder als "Kernstück des sozialen Mietrechts" bezeichnet. Wer einen neuen Kündigungstatbestand schaffen wolle, müsse bedenken, dass die dort erreichte Balance zwischen den verschiedenen Interessen einseitig zu Lasten der Mieter verändert werde.
Für den Entwurf sprach sich hingegen Lutz Freitag, Präsident des Bundesverbandes deutschen Wohnungs- und Immobilienunternehmer, aus. Im Rahmen des Städteumbaus müssten noch 350.000 Wohnungen vom Markt genommen werden. Der Bundesratsentwurf sei dafür ein ausgezeichnetes Instrument, welches gut anwendbar sei. Die Einführung der Abrisskündigung hätte, so Freitag, eine "friedensstiftende" Wirkung, da ein erfolgreiches Umzugsmanagement im Interesse von Vermieter und Mieter sei.