Zu einer harten Auseinandersetzung über die Reform des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes ist es am 24. Februar im Bundestag gekommen. Für die CDU/CSU-Opposition warf deren finanzpolitischer Sprecher Michael Meister der Bundesregierung und den sie tragenden Fraktionen von SPD und Grünen vor, mit ihrer Politik langfristig den Wohlstand in Deutschland zu gefährden. Allein die Ausnahmen, die von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) gefordert würden, erlaubten "de facto ein Staatsdefizit von acht Prozent des Bruttoinlandsproduktes". Es sei "pure Heuchelei", die Aufweichung des Stabilitätspaktes von 1997 nicht zuzugeben, sondern sie als "eine Stärkung des Pakts zu verkaufen". Dem Regierungslager schrieb er ins Stammbuch: "Damit zerstören Sie national und international das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit deutscher Politik."
Für den erkrankten Finanzminister Hans Eichel wies dessen Parlamentarische Staatssekretärin Barbara Hendricks - beide SPD - die Vorwürfe der Union entschieden zurück. Der Bundesregierung sei und und bleibe "klar": "Wir brauchen den Stabilitäts- und Wachstumspakt." Man bekenne sich nicht nur wegen der europäischen Verpflichtungen Deutschlands dazu, sondern auch aufgrund der Verpflichtungen, die sich aus dem Grundgesetz ergeben, bei der "Konsolidierung der Haushalte weiter fortzuschreiten".
Der FDP-Finanzexperte Andreas Pinkwart kritisierte ironisch, dass das Drei-Prozent-Kriterium Rot-Grün nicht daran gehindert hätte, "das Richtige für Deutschland zu tun". Drei Jahre hintereinander - 2002: 3,6 Prozent; 2003: 3,9 Prozent; 2004: 3,7 Prozent - sei es mehr als überzogen worden. Trotz der Überschreitung dieser Obergrenze seien nicht mehr Beschäftigung und Wachstum geschaffen, sondern "mehr Arbeitslosigkeit, mehr Schulden und weniger Wachs- tum" hervorgebracht worden. Wäre die Bundesregierung sicher, in diesem Jahr weniger als drei Prozent zu erreichen, würde sie sich nicht "seit Monaten maßgeblich darum kümmern, die Sanktionsmaßnahmen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes auszuhebeln".
Dagegen betonte die Vorsitzende des Bundestagsfinanzausschusses Christine Scheel (Bündnis 90/Die Grünen), die Bundesrepublik sei "international wirtschaftspolitisch relativ gut aufgestellt". Union und FDP würden die Lage "permanent nur schwarzreden". Sie fragte die Opposition: "Wie wollen Sie ausländische Investoren mit diesen Ansagen nach Deutschland bringen?" Es sei eine erfreuliche Nachricht, dass im Jahr 2004 ein um 0,2 Prozent niedrigeres gesamtstaatliches Defizit als vorher prognostiziert entstand. Es betrage nunmehr 3,7 Prozent des Bruttolinlandsproduktes. Diese Zahl habe zuvor bereits der FDP-Abgeordnete Pinkwart genannt. Außerdem: Neben dem Bundesfinanzminister erwarte nun auch die Bundesbank, dass 2005 das Drei-Prozent-Defizitkriterium des Stabilitätspaktes eingehalten werden könne, so Scheel.
Nach den Worten des CDU/CSU-Abgeordneten Georg Fahrenschon habe sich Deutschland lächerlich gemacht. Erst initiiere man den Stabilitätspakt zum Schutz der gemeinsamen Währung. Dann wolle man "eben diese Regeln des Euros mit aller Gewalt wieder streichen". Abschließend behaupteten die Beteiligten auch noch allen Ernstes, dass der Pakt durch die Änderungen gestärkt werde. Er sei der Auffassung, dass durch die Forderungen von Rot-Grün der Pakt nicht gestärkt, sondern "massiv geschwächt" werde.
Ortwin Runde (SPD) wies auf die Probleme Deutschlands und anderer Länder mit der demografischen Entwicklung hin. Überall dort müssten der Arbeitsmarkt und die sozialen Sicherungssysteme reformiert werden. Zur Lösung dieser Probleme sei es daher notwendig, vorübergehend mehr Geld auszu- geben. "Anders sind diese Reformen nicht umsetzbar und nicht durchsetzbar", stellte Runde in der Debatte fest.