EUROPARAT
Die Kanzlerin spricht am Dienstag vor der Parlamentarischen Versammlung
Auch Themen der internationalen Politik sind konjunkturabhängig: In China fordern die Tibeter seit vielen Jahren mehr demokratische Rechte, doch erst jetzt wird dieser Kampf im Vorfeld der Olympischen Spiele zu einen Topereignis. Anders in Weißrussland, denn um das autokratische Regime von Präsident Alexander Lukaschenko ist es recht still geworden. Der Europarat will nun das Schweigen durchbrechen. Für die jetzige Frühjahrssitzung der Parlamentarischen Versammlung des Staatenbunds hat im Auftrag des Rechtsausschusses Christos Pourgourides einen Bericht über die Instrumentalisierung der weißrussischen Justiz im Interesse des Regimes erarbeitet.
Scharf kritisiert der Abgeordnete die "vielen politisch motivierten Missbräuche der Strafjustiz". Ein Dorn im Auge ist dem Zyprioten besonders das "Antirevolutionsgesetz", das die Kriminalisierung von Journalisten und Bürgerrechtlern erleichtert - und zwar für Demokratien selbstverständliche Aktivitäten wie Demonstrationen oder Kritik in Medien und im Internet. Energisch attackiert der Bericht auch die gängige Praxis, Strafrechtsbestimmungen wie etwa Betrug oder Steuerhinterziehung zu nutzen, um politische Gegner zu verurteilen. Auf der anderen Seite halte sich die Justiz zurück, klagt Pourgourides, "wenn Sicherheitskräfte gegen friedliche Demonstranten Gewalttaten verüben". Der Abgeordnete erinnert zudem an die immer noch ungeklärten Umstände, unter denen mehrere kritische Journalisten zu Tode kamen. Um den Schutz der Bürgerrechte geht es auch bei einem anderen Thema: Der Rechtsausschuss fordert die EU auf, endlich der Menschenrechtscharta des Europarats beizutreten. Auch wenn bereits alle 27 EU-Staaten die Konvention ratifiziert haben, können die Bürger eines Landes zwar vor dem Straßburger Menschenrechtsgerichtshof gegen Verletzungen der Charta durch nationale Institutionen, nicht jedoch durch EU-Instanzen klagen. Berichterstatterin Marie-Louise Bemelmans-Videc (Holland): "Die EU-Einrichtungen unterliegen keiner externen richterlichen Aufsicht."
Ohne Zweifel könnte die deutsche Kanzlerin ihren Einfluss in der EU geltend machen, um deren Beitritt zur Konvention voranzutreiben. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird am Dienstag vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarats sprechen. Möglich, dass von ihrer Rede entsprechende Impulse ausgehen. Neben der Kanzlerin setzen noch zwei andere deutsche Bundestagsabgeordnete Akzente: Das Europarats-Parlament debattiert Berichte von Hakki Keskin (Die Linke) zum Thema Moslems und islamischer Terrorismus sowie von Jürgen Herrmann (CDU) über die Lage nationaler Minderheiten in der serbischen Voivodina.