Wer glaubt, mit dem Goldrausch im 19. Jahrhundert sei die letzte umfassende Suchbewegung ad acta gelegt worden, hat die Rechnung ohne Deutschland 2008 gemacht. Im Jahr der Mathematik hat das Suchfieber im Land der Dichter und Denker scheinbar einen neuen Höhepunkt erreicht.
Das Gold der Gegenwart sind Sterne aller Art auf allen Kanälen: Bohlen sucht den Superstar, Pro7 den Pop-, Vox den Koch-Star und Heidi Klum das nächste Topmodel; selbst das gute alte ZDF will ein Stück vom Quotenkuchen und lässt Thomas Gottschalk den neuen Musical-Showstar casten.
Weil Bohlen, Klum und Gottschalk besonders bei den zukunfts(beein)trächtigen(den), aber leider schrecklich politikverdrossenen Jungdemokraten besonders gut ankommen, scheint nun auch die Politik die Suche als Leitmotiv mit garantiertem Erfolg entdeckt zu haben:
Die SPD sucht eine Identität und einen dazu passenden Kanzlerkandiaten, Hessen eine parlamentarische Mehrheit und im Optimalfall gleich auch eine(n) neuen Ministerpräsidenten(in), die Hamburger CDU krampfhaft nach Gemeinsamkeiten mit den Grünen und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) dringend nach einem Modell zur Bahnprivatisierung, das auch seine Leute gutfinden.
So recht hat sich die von Parteien und Politikern gut inszenierte Suche aber noch nicht als Erfolgsgarant erwiesen: Die SPD steht in der Wählergunst so schlecht wie nie, mit den hessischen Verhältnissen beschäftigen sich nur noch echte Freaks und das Wort "Bahnprivatisierung" können Genossen nicht mehr hören.
Deutschlands Lenker sollten einfach über eine neue Art der Vermittlung nachdenken: Mit Bohlen und Klum hinterm Jury-Pult würden zur Prime-Time auf Phoenix die politischen Suchen sicher auch zu echten Quotenbringern. Die mediengeschädigten Mitbürgerinnen und Mitbürger brauchen eben ihr gewohntes Format.