Tibet-Konflikt
Bundestag ruft zum Gewaltverzicht auf. Kritik am Olympischen Komitee
Vertreter der Bundesregierung und aller Fraktionen haben in einer Aktuellen Stunde des Bundestages am 10. April einhellig zum Gewaltverzicht im Tibet-Konflikt aufgerufen. Abgelehnt wurde zudem ein Boykott der Olympischen Spiele in Peking. Die Debatte offenbarte jedoch erneut die unterschwelligen Differenzen innerhalb der Großen Koalition in der Chinapolitik.
Gernot Erler (SPD), Staatsminister im Auswärtigen Amt, appellierte an Chinesen und Tibeter, den Konflikt mit friedlichen Mittel auszutragen. Erler betonte, dass die kulturelle Autonomie Tibets gewahrt bleiben müsse - allerdings innerhalb des chinesischen Staatsverbandes. Dies werde auch vom Dalai Lama so gesehen. Die Bundesregierung fordere Peking deshalb auf, den Dialog mit dem geistigen Oberhaupt der Tibeter wieder aufzunehmen. Zudem müsse China die Abriegelung Tibets beenden und unabhängigen Journalisten einen ungehinderten Zugang gewähren.
Dem Appell nach einem strikten Gewaltverzicht schlossen sich Redner aller Fraktionen an. Allerdings, so schränkte Eckart von Klaeden (CDU/CSU) ein, dürfe man in dieser Frage auch nicht "Ursache mit Wirkung verwechseln". Der Unionsabgeordnete würdigte in der Debatte noch einmal den Empfang des Dalai Lama durch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im vergangenen Jahr und kritisierte indirekt Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). So sei es dem Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Günter Nooke (CDU), bis heute nicht gestattet, chinesische Dissidenten in seinen Diensträumen im Auswärtigen Amt zu empfangen. Diese Praxis müsse überdacht werden.
Michael Leuert von der Linksfraktion bewertete den Empfang des Dalai Lama durch Merkel hingegen als Affront gegenüber Peking.
Harsche Kritik am Internationalen Olympischen Komitee (IOC) wurde von den Grünen geäußert. Volker Beck bezeichnete es als "vorauseilende Duckmäuserei des IOC" gegenüber Peking, wenn man Sportler mit Sanktionen drohe, wenn diese die Menschenrechtsfrage während der Olympiade ansprechen wollten. Dies sei eine "Schande für die olympische Idee". Ähnlich äußerte sich der FDP-Abgeordnete Florian Toncar. Die IOC-Charta, nach der politische Meinungsäußerungen an den Sportstätten verboten sind, sei zwar zu achten. Allerdings müssten Sportler bei den Spielen für Werte wie Frieden, Respekt und Toleranz eintreten dürfen, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen.