Der Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen ( 16/12850) ist unter Experten umstritten. Das wurde bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie am 26. Mai deutlich.
Der Entwurf sieht vor, dass Internetanbieter zur Sperrung von Seiten mit kinderpornographischen Inhalten verpflichtet werden. Derartige Seiten soll das Bundeskriminalamt (BKA) in einer Sperrliste aufführen. Internetnutzer, die diese Seiten aufrufen, sollen zu einer Stoppmeldung umgeleitet werden. Der Anbieter wiederum soll verpflichtet werden, dem BKA die Zahl der Zugriffsversuche zu übermitteln. In dem Entwurf ist auch geregelt, dass nur Seiten mit kinderpornographischen Inhalten gesperrt werden dürfen. Eine Ausweitung auf andere Zwecke ist nicht beabsichtigt.
Hauptstreitpunkt unter den Sachverständigen war die Frage, ob der Kampf gegen die Kinderpornographie die Grundrechte der Bürger beschneidet. Im Zuge der Blockierung von Internetseiten könnten personenbezogene Daten gespeichert werden, befürchtete Professor Ulrich Sieber vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht: "Wenn im Gesetzentwurf nicht klar wird, was mit den Daten geschieht, ist das verfassungswidrig." Auch Peter Schaar, Bundesbeauftragter für den Datenschutz, ist gegen die Erhebung, Speicherung oder Verarbeitung personenbezogener Daten. Schließlich gelangten viele Personen unabsichtlich auf kinderpornographische Seiten. "Es besteht die Gefahr, dass unbescholtene Nutzer so einem Ermittlungsverfahren ausgesetzt werden", sagte Oliver Süme vom Verband der Deutschen Internetwirtschaft (ECO).
Alle Internet-Branchenverbände sprachen sich gegen eine Sperrung europäischer Homepages aus, weil das der Internetwirtschaft schade. Die pornographischen Inhalte seien für versierte Nutzer trotzdem abrufbar. Sollten Internetseiten dennoch gesperrt werden, sollten deren Anbieter entschädigt werden. Bundesrichter Peter-Jürgen Graf hingegen hält ein Gesetz zur Sperrung von kinderpornographischen Internetseiten für verfassungsgemäß. Die Inhalte müssten zudem von den Anbietern entfernt werden, weil sie sich sonst wegen Beihilfe zu einer Straftat selbst strafbar machen.
Verfassungsrechtler Professor Matthias Bäcker von der Universität Mannheim warnte in diesem Zusammenhang vor unverhältnismäßigen Eingriffen bei Internet-Anbietern. Außerdem sprach er dem Bund die Gesetzgebungskompetenz für das geplante Gesetz ab, ebenso wie die Verwaltungskompetenz, das BKA mit der Führung der Sperrliste zu betrauen. Dessen Direktor Jürgen Maurer sprach sich für den Gesetzentwurf aus und versprach, dass das BKA die Liste gewissenhaft führen werde. "Wir können einschätzen, was Kinderpornographie ist, und was nicht", sagte Maurer.