Baden-WÜrttemberg
Stefan Mappus löst Oettinger ab
Nun also der Schwebezustand des Interregnums. In einem Parforceritt hat sich Stefan Mappus in der CDU als neuer baden-württembergischer Ministerpräsidenten durchgesetzt, nachdem Günther Oettinger von Kanzlerin Angela Merkel für die EU-Kommission benannt wurde. Andere Kandidaten wie etwa Finanzminister Willi Stächele traten angesichts des Durchmarschs des Fraktionschefs nach kurzer Überlegung gar nicht mehr an. Doch nun muss der 43-Jährige erst einmal warten bis zu seiner Wahl im Landtag: Oettinger will die Stuttgarter Villa Reitzenstein erst verlassen, wenn er nach einer Anhörung im EU-Parlament endgültig für Brüssel ernannt ist - und das kann Wochen dauern. Weder der eine noch der andere vermag in dieser Zeit wesentliche Entscheidungen zu treffen.
Oettinger fühlt sich von Merkel nicht "weggelobt". Zu seinem Arbeitsplatz in Brüssel meint er, "dass man diese Aufgabe nicht ablehnen kann". Die Kanzlerin habe einen "angeschlagenen Ministerpräsidenten aus dem Verkehr" gezogen, kritisiert dagegen der SPD-Fraktionsvorsitzende Claus Schmiedel. Angesichts drohender Rekordschulden im Ländle gehe Oettinger "Knall auf Fall von Bord", assistiert Winfried Kretschmann (Grüne).
Spannungen zwischen Merkel und Oettinger sind in Berlin und Stuttgart seit langem ein offenes Geheimnis. 2007 hatte der Schwabe den wegen seiner Marinerichter-Tätigkeit im Krieg umstrittenen Ex-Ministerpräsidenten Hans Karl Filbinger nach dessen Tod zum NS-Gegner stilisiert und musste sich auf Druck Merkels öffentlich korrigieren. Im Bundestagswahlkampf kam Oettinger mit seiner Forderung nach einer Mehrwertsteuererhöhung der Kanzlerin in die Quere. Vor allem aber ging es unter Oettinger, der bei der Landtagswahl 2006 noch 44,2 Prozent verbucht hatte, mit der CDU bergab: Bei der Bundestagswahl sackte die Union in ihrem Stammland auf 34,4 Prozent ab, bei der Kommunalwahl im Juni landete die CDU in Stuttgart hinter den Grünen nur noch auf Platz zwei.
Mappus hat sich bislang betont als Traditionskonservativer profiliert. Wenn er in ländlichen Regionen auftritt, lobt er gern herkömmliche Familienwerte. Beim Machtkampf um Erwin Teufels Nachfolge 2004 unterstützte Mappus Annette Schavan gegen Oettinger, von daher rühren Rivalitäten zwischen beiden. Nach dem Urnengang 2006 beendete Mappus Oettingers Annäherung an die Grünen mit einem Machtwort, Jamaika an der Saar findet er "unterirdisch". Kretschmann und die Seinen können Hoffnungen auf Schwarz-Grün nach den Wahlen 2011 wohl beerdigen. Andererseits dürfte das Klima in der schwarz-gelben Koalition am Neckar rauer werden, schließlich gehen die Gewinne der FDP mit Verlusten der CDU einher. Ob Mappus mit seinem konservativen Kurs in den eher liberal geprägten Städten, die für die Union besonders heikel sind, Abhilfe schaffen kann, steht freilich dahin.