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Gültig ab: 11.11.2008 10:19
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Daten über alle Lebensbereiche

Blick auf die Autobahn aus Fahrerperspektive.
Navigationssystem im Automobil: im modernen Verkehr entstehen eine Vielzahl persönlicher Daten
© Jochen Tack

Entwicklung im privaten Sektor

Eine wachsende Armada nützlicher Geräte erzeugt persönliche Daten – angefangen von Navigationssystemen in Autos über Ortsdaten in mobilen Geräten wie Handys bis hin zu Gegenständen, die mit RFID-C hips versehen sind. Das soll dem Anwender nützen. Doch dabei entwickelt sich auch ein schwer überschaubares Panoptikum der Datennutzung.

Wie sehr jeder Einzelne bereits in den Fokus privater Unternehmen gerückt ist, wurde etwa deutlich, als eine US-Zeitschrift an ihre Abonnenten eine Ausgabe mit einem personalisierten Titelblatt verschickte. Es zeigte die Luftaufnahme des eigenen Hauses - der Verlag hatte auf kommerzielle Satellitendaten zurückgegriffen. Mit den hochauflösenden Luftbildaufnahmen von Google Earth ist das inzwischen nicht nur betuchten Verlagen, sondern jedem möglich. Menschen erlauben - freiwillig und manchmal auch unfreiwillig - in öffentlich zugänglichen Fotodatenbanken Einblicke in ihr Privat- und Berufsleben. Dabei geben nicht allein die Bilder selbst Auskunft, wo man wohnt, was man gern isst oder welche Veranstaltungen man besucht. Die auf Fotoplattformen generierten Daten zeigen auch persönliche Beziehungen auf, also wer wen kennt. Inzwischen gibt es bereits Kameras, die nicht nur die Zeit, sondern auch den Ort der Aufnahme speichern.

Personenbezogene Daten sind in der Informationsgesellschaft ein wertvoller Rohstoff, für den sich nicht nur Behörden, sondern im Besonderen Unternehmen interessieren: Telekommunikations- und Internetverbindungsdaten geben Auskunft, wann, wo und wie oft Kontakte stattfinden. Waren- und Kassendaten lassen sich danach auswerten, wer welches Produkt wann, wo und wie oft kauft. Werden diese Daten nicht nur vereinzelt, sondern gruppenweise erhoben und analysiert, lassen sich Trends erkennen. Damit können Unternehmen und Behörden auf unerwünschte Entwicklungen rechtzeitig reagieren: Handelskonzerne können etwa Preisanpassungen für bestimmte Produkte und Kundengruppen für begrenzte Zeiträume vornehmen.

Frau mit Einkaufswagen vor einem Regal
Supermarkt der Zukunft: Waren werden mit RFID-Technologie identifiziert
© Caro/Oberhaeuser
Jedes vormals stumme Ding, das von Menschen für bestimmte Zwecke benutzt wird, kann Daten über seine Verwendung erzeugen und damit etwas über das Verhalten seiner Benutzer aussagen. Getrieben wird die Entwicklung von der Frage der perfekten Logistik, mit der sich inzwischen ganze Industriezweige beschäftigen: Welchen Weg nimmt ein ganz bestimmtes Teilchen im Laufe seines Lebensprozesses? Schon länger ist es keine große Herausforderung mehr, den Warenfluss einer mit einem sogenannten RFID-Chip versehenen Rasierklinge lückenlos nachzuvollziehen - und - inklusive Diebstahlsicherung - zu kontrollieren.

RFID steht für „Radio Frequency Identification”. Die Chips enthalten einen sogenannten Miniaturtransponder, über den sie per Funk die auf ihnen gespeicherten Informationen wie Artikelnummern, Internetadressen, Produktherkunft und -beschaffenheit abgeben können. Die Verwendungsmöglichkeiten der RFID-Chips sind jedoch nahezu unbegrenzt. Die Funketiketten lassen sich auf Waren, auf Verpackungen oder auf Ausweisen anbringen, aber auch auf der Arbeitskleidung, um etwa Mitarbeiter jederzeit im Gebäude orten zu können.

Brisant wird es, wenn Handelsunternehmen die RFID-Daten mit dem Konsumverhalten der Nutzer verbinden und für Marketingzwecke auswerten. Häufig haben die Verbraucher der Verwendung sogar zugestimmt und ihre persönlichen Daten gegen Rabatte und Sonderaktionen eingetauscht - etwa beim Bezahlen mit Kundenkarten. Getestet wurde die Zusammenführung von RFID-Daten und Daten über das Verbraucherverhalten bereits - ohne Wissen der Kunden.

Die Organisation vieler Lebensbereiche basiert aber auch auf ortsbezogenen Daten. Digitale, sogenannte interaktive Telefonbücher können bereits nicht nur die Kontaktdaten, sondern auch die Präsenz- und Standortdaten speichern. Auf diese Weise erfährt man auf einen Blick, wie jemand wo am besten zu erreichen ist. Das Handy wird damit für jeden Teilnehmer zum Ortungsinstrument.

Mit entsprechender „Intelligenz” ausgestattete Fahrzeuge erlauben ähnliche Anwendungen. So gibt es seit Kurzem ein Geschäftsmodell, das auf der Auswertung von Autofahrerdaten basiert. Es wertet die gefahrenen Kilometer, Straßen und Uhrzeiten aus und schließt so auf das Fahrverhalten. Wenig risikofreudige Autofahrer sollen mit niedrigeren Versicherungssätzen belohnt werden und nicht mehr die fahrerischen Fehlleistungen des statistischen Mittels mitfinanzieren. Entsprechende Versicherungspolicen sind bereits seit über einem Jahr auch auf dem deutschen Markt erhältlich.

Mit solchen maßgeschneiderten Diensten hält das Scoring Einzug in die Versicherungswirtschaft. Die Strategie, personenbezogene Daten für Preismodelle und -konditionen auszuwerten, ist aus dem Handel bekannt. So ermitteln Auskunfteien für jede Anschrift in Deutschland einen Wert, der sich aus den Kreditinformationen der Schufa, der Adresse, dem Alter und der Gebäudeeinschätzung ermittelt. Versicherungen und Handelsunternehmen nutzen solche Dienste, um danach ihre Risikoeinschätzung zu erstellen. Mit dem Autofahrer-Scoring wird nun auch das individuelle Verhalten bewertet.

Eigentlich sollten Bürger eigenständig über die Datenabgabe entscheiden dürfen. Doch zu zahlreichen Angeboten wie etwa den RFID-Fußball-tickets bei der WM 2006 gibt es keine Alternative. Sie müssen die Bedingungen der Anbieter und Hersteller akzeptieren - oder verzichten. Rechtliche Lösungen stehen im Fall von RFID noch aus.  

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Text: Christiane Schulzki-Haddouti
Erschienen am 19. November 2008

Weitere Informationen:

RFID-Studie
des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik::
www.bsi.bund.de/themen


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