NORDRHEIN-WESTFALEN
Koalitionspoker vor der Wahl
Am 9. Mai 2010 entscheidet Nordrhein-Westfalen, wie es politisch weitergeht in Deutschland. Erhält die Regierung Merkel/Westerwelle durch einen Sieg von Schwarz-Gelb im bevölkerungsreichsten Bundesland eine weitere Bestätigung? Oder kommt es zu einer Mitte-Links-Mehrheit am Rhein, die zugleich auch die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundesrat brechen könnte? Alles ist offen in NRW. Die Landesparteien haben Konsequenzen aus den Koalitionsblockaden der letzten Monate gezogen. In Düsseldorf wird gar nichts mehr ausgeschlossen: Im nächsten NRW-Landtag erscheint von Jamaika bis Rot-Rot-Grün alles möglich.
"Ich mache die Ausschließeritis nicht mit", sagt Hannelore Kraft, NRW-SPD-Chefin und Herausforderin von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU).
Der Landeschef selbst will zwar weiter mit der FDP regieren, dementiert aber auch schwarz-grüne Optionen nicht. Die Grünen-Landesvorsitzende Daniela Schneckenburger sagt: "Wir fahren auf Sicht." Die Grünen wollen regieren - am liebsten mit der SPD, wenn das nicht geht, ist man flexibel. Und selbst die besonders linken NRW-Linken liebäugeln mit der Regierungsbank.
Wählerbefragungen sagen derzeit keine eindeutigen Sieger voraus: Nach einer aktuelle Umfrage von Infratest dimap hat die Koalition aus CDU und FDP in Nordrhein-Westfalen derzeit keine Mehrheit mehr im Land.
Starre Festlegungen wird es deshalb nicht geben. "Wir kämpfen zwar für eine bürgerliche Mehrheit," sagt CDU-Generalsekretär Hendrik Wüst. Alle Parteien müssten aber "vorsichtig sein mit irgendwelchen Ausschlüssen". Die CDU gucke sich eine Jamaika-Koalition wie im Saarland "mit großem Interesse an". Und der Partner FDP stößt ins selbe Horn. Der FDP-Landesvorsitzende Andreas Pinkwart sagte: "Ich gehöre nicht zu denen, die eine Zusammenarbeit zwischen demokratischen Parteien von vorneherein ausschließen."
Zum ersten Mal wird die Linke allen Prognosen nach mit rund acht Prozent in den Landtag einziehen. Bislang wird sie in Düsseldorf nur durch den Abgeordneten Rüdiger Sagel vertreten, der vor zwei Jahren von den Grünen übergetreten ist. Und auch wenn Grüne und SPD, die einzigen potentiellen Partner der neuen Partei, sich rhetorisch distanzieren: Eine rot-rot-grüne Koalition möchte auch niemand ausschließen. Die SPD mache die Tür weit auf für diejenigen bei der Linkspartei, die zurückkommen wollen, betont die Landesvorsitzende Hannelore Kraft. Die Grünen wollen sogar erst unmittelbar vor der Landtagswahl über eine Koalitionsaussage entscheiden.
Inhaltlich könnte sich die Bildungspolitik als größtes Wahlkampfthema entpuppen. Das originäre Landesthema polarisiert die Lager. Landesvater Jürgen Rüttgers möchte gerne am dreigliedrigen System festhalten. SPD, Grüne und Linke hingegen plädieren für eine Gemeinschaftsschule, in der die Schüler bis zur zehnten Klasse gemeinsam lernen. Aber selbst hier ist das konservative Lager nicht eindeutig festzulegen: Die Liberalen sprechen sich inzwischen für eine längere Grundschulzeit aus, quasi ein Kompromiss aus beiden Konzepten.