BREMEN
Der Stadtstaat sieht sich mit dem neuen Tariftreue- und Vergabegesetz in einer Vorreiterrolle
Lohndumping, Umweltfrevel und Kinderarbeit im Auftrag des Staates? Das soll es möglichst nicht mehr geben, wenn in Bremen ein jüngst beschlossenes neues "Tariftreue- und Vergabegesetz" in Kraft tritt. Demnach achten Behörden und städtische Gesellschaften bei ihren Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen künftig auf die Zahlung von 7,50 Euro Mindestlohn sowie auf soziale und ökologische Standards.
Der rot-grün regierte Stadtstaat sieht sich damit bundesweit als Vorreiter. Das rot-rote Berlin hat ein ähnliches Gesetz vorgelegt, aber noch nicht verabschiedet. In Brandenburg steht ein solches Vorhaben im Koalitionsvertrag von SPD und Linken.
Ganz neu ist das Anliegen nicht: Schon 2002 hatte das damals SPD-regierte Niedersachsen beschlossen, Bauaufträge nur noch an solche Firmen zu vergeben, die den ortsüblichen Tariflohn zahlen - was auch für Anbieter aus dem Ausland gelten sollte. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) kassierte das Gesetz jedoch 2008 wegen Beeinträchtigung des freien Dienstleistungsverkehrs. Notgedrungen schwächte daraufhin auch Bremen seinen bereits damals vorliegenden, ursprünglich an Niedersachsen orientierten Gesetzentwurf ab.
Die jetzt beschlossene Fassung schreibt den ortsüblichen Tariflohn nur noch für den Öffentlichen Personennahverkehr vor. In den anderen Branchen, in denen ein bundesweiter Mindestlohn gilt, müssen sich auch ausländische Bewerber daran halten. Für alle anderen Aufträge wird ein Mindeststundenlohn von 7,50 Euro vorgeschrieben.
Neben der Entlohnung spielen künftig auch soziale Aspekte eine Rolle: Bei gleichwertigen Angeboten erhalten diejenigen Firmen den Zuschlag, die Ausbildungsplätze anbieten, Schwerbehinderte beschäftigen und die Gleichberechtigung fördern. Außerdem sollen die Behörden "darauf hinwirken", dass zum Beispiel Uniformen oder Pflastersteine nach internationalen Mindestarbeitsbedingungen hergestellt wurden - vor allem ohne Kinderarbeit. Und auch Umweltkriterien sind zu berücksichtigen.
In der Bremischen Bürgerschaft votierte "trotz großer Bedenken" sogar die CDU-Opposition für den rot-grünen Gesetzentwurf. Die Linke hätte gerne härtere Regeln durchgesetzt und enthielt sich deshalb. Einzig die FDP stimmte gegen das Gesetz: Es enthalte "jede Menge völlig sachfremder Kriterien". Die SPD wiederum nannte diese Kritik "beschämend".