BADEN-WÜRTTEMBERG
Nils Schmid führt die SPD an
Nach der Wahl ist vor der Wahl, genauer vor zwei Urnengängen. Als Sieger eines parteiinternen Referendums ist jetzt Nils Schmid, Finanzfachmann und Fraktionsvize im Landtag, Vorsitzender der gebeutelten baden-württembergischen SPD. Der entscheidende Tag steht aber in eineinhalb Jahren an, wenn Schwaben und Badener im Frühjahr 2011 ein neues Parlament bestimmen. Und für diese Wahl muss die 2006 mit blamablen 25 Prozent ausgestattete Oppositionspartei noch einen Herausforderer von Stefan Mappus (CDU) auf den Schild heben, des designierten Nachfolgers von Günther Oettinger im Amt des Ministerpräsidenten. "Wir werden im Talentschuppen der SPD einen guten Spitzenkandidaten finden", gibt sich Schmid optimistisch. Doch so üppig bestückt ist die Reserve nicht.
Der 36-jährige ist nun erst einmal unumstritten die Nummer eins des Landesverbands. Zwar musste der Nürtinger am vergangenen Wochenende auf einem Parteitag offiziell zum SPD-Chef gewählt werden, doch das galt nach dem ebenso überraschenden wie klaren Ausgang der Mitgliederbefragung nur als Formsache. Nach einem komplizierten Auszählungsmodus mit der Gewichtung von Erst- und Zweitstimmen unter den beiden Bestplatzierten lag Schmid mit 56 Prozent vorn. Der als Favorit gehandelte Fraktionsvorsitzende Claus Schmiedel landete hinter der Bundestagsabgeordneten Hilde Mattheis (37 Prozent) lediglich auf Platz drei.
Die Urwahl sollte der Südwest-SPD, deren bisherige Chefin Ute Vogt nach dem historischen Tief von 19,3 Prozent am 27. September das Handtuch warf, neuen Schwung verleihen. 48 Prozent der nur noch 40.000 Mitglieder gaben ihre Stimme ab. Schmid meint, dieser Urnengang habe "ein starkes Aufbruchsignal gesetzt". Der frischgebackene Matador, der thematisch vor allem mit Bildung punkten will, erwägt künftig Mitgliederbefragungen auch zu strittigen Sachfragen.
Wie weit aber trägt der Schwung? Mattheis hat mit ihrer Kritik an dem mit Sozialabbau verbundenen Kurs von Hartz IV und Rente mit 67 unerwartet stark abgeschnitten. Da kommt auf Schmid, der die von der SPD in der Bundesregierung verfolgte Politik verteidigt, einiges an Integrationsmühen zu - was nicht leichter wird durch das Erstarken der Linkspartei selbst im konservativen Ländle.
Schmid, ein nüchterner Analytiker, genießt im Landtag auch bei der politischen Konkurrenz Ansehen als Finanzexperte, hat sich in der Öffentlichkeit indes noch nicht sonderlich profiliert. Vielleicht hat es mit diesem Manko zu tun, dass der Neue bislang keine Ambitionen für eine Spitzenkandidatur 2011 erkennen lässt.
Bisher schien diese Rolle auf Schmiedel zuzulaufen, der nach seiner Niederlage gegen Schmid und Mattheis jedoch kaum Chancen haben dürfte.
Unter den Sozialdemokraten ist die Hoffnung verbreitet, der bodenständig-populäre Ulmer Rathauschef Ivo Gönner werde gegen Mappus antreten. Allerdings zeigt sich Gönner bisher desinteressiert. Möglicherweise kommt die Spitzenkandidatur doch auf Schmid zu: Das wäre dann die echte Bewährungsprobe.