Änderungsanträge zur EU-Verfassung einstimmig
angenommen
Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union/Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union - 10.05.2005
Berlin: (hib/WOL) Mit einer kurzfristig
anberaumten zweiten Sondersitzung haben am Dienstagmittag alle
Fraktionen im Europaausschuss einem Änderungsantrag der
Koalitionsfraktionen zum Minderheitsrecht im Begleitgesetz zur
Zustimmung für die Europäische Verfassung durch das
Parlament zugestimmt. Danach hat eine Fraktion das Recht auf
Klageerhebung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), wenn
dem nicht zwei Drittel aller Mitglieder des Bundestages
widersprechen. Die SPD sieht in der Regelung einen akzeptablen
Kompromiss in dem Bestreben ein Minderheitsrecht zu
gewährleisten, aber Missbrauch durch unsinnige Anträge zu
vermeiden. Auch die CDU/CSU fand die gefundene Regelung "gut". Die
Bündnisgrünen sehen in der Lösung ein Initiativrecht
für die Fraktionen, das auch als Modell für andere
politische Fragestellungen geeignet sei. Die FDP erklärte, die
Regelung komme dem eigenen Vorschlag am nächsten und zog ihren
Änderungsantrag zurück. Bereits am Montag hatte der
Europaausschuss in einer Sondersitzung über 18
Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen abgestimmt. Mit
Ausnahme des Antrags zum Minderheitsrecht war die Empfehlung zur
Aufnahme in das Begleitgesetz dabei einstimmig. Mit der
Einbeziehung aller Fraktionen an der Änderung konnten
bisherige Kontroversen über die Rechte der politischen
Kräfte in Bundestag und Bundesrat ausgeräumt und
einvernehmlich geregelt werden. Die SPD hatte in dem Zusammenhang
ihren "Dank an die Gutwilligen in allen Fraktionen" gerichtet, die
damit eine übergroße Mehrheit zur Zustimmung für
die Europäische Verfassung erreichbar werden lasse. Als
Schwerpunkte der Änderungsanträge gelten die
Neuregelungen zur Subsidiaritätsrüge, zur
Subsidiaritätsklage und zur so genannten "Passerelle" oder
Brückenklausel. Damit soll es dem Europäischen Rat
möglich sein, in bestimmten Bereichen die Entscheidung von der
Einstimmigkeit zur qualifizierten Mehrheit zu ändern.
Geändert wurden unter anderem die Fristen und die Art und
Weise der Weitergabe von Entscheidungen des Bundestages und des
Bundesrates über die Bundesregierung an die EU, um das Votum
der parlamentarischen Gremien in den EU-Entscheidungsprozess
einzubringen. Neu geregelt wurde auch die Benennung für
Richter am EuGH durch ein Verfahren analog zur Ernennung von
Bundesrichtern. Die Benennung soll nun vom Bundesjustizministerium
gemeinsam mit dem Richterwahlausschuss - an dem Bundestag und
Bundesrat vertreten sind - erfolgen. Die Union bezeichnete die
erreichten Änderungen als "Herzstück", mit dem es
gelungen sei, die Mitsprache deutlich zu verbessern und Rechte in
der EU real wahrnehmen zu können. Die Bündnisgrünen
zeigten sich befriedigt, die parlamentarischen Rechte gestärkt
und das bisherige Ungleichgewicht nach dem Maastricht-Vertrag
korrigiert zu haben. Die FDP hatte betont, die Vereinbarungen
würden selbst dann benötigt, wenn die EU-Verfassung keine
Mehrheit bekommen würde. Nach Abstimmung der Anträge
hatte sich der Europaausschuss auch mit der Frage der
parlamentarischen Befassung über Entscheidungen zur
Nachhaltigkeit gesetzlicher Vorhaben in allen Bereichen des
gesellschaftlichen Lebens befasst. Für die Union, die die
Diskussion angeregt hatte, ist die Zuständigkeit des Ressorts
"Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit" zumindest in Frage zu
stellen, wenn nachhaltige Regelungen in den Bereichen Arbeit und
Ausbildung über Forschung und Hochschulen, Markt und
Wirtschaft bis hin zur sozialen Sicherung erreicht werden
sollen.
Herausgeber
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Uta Martensen
Redaktion: Dr. Bernard Bode, Michael Klein, Dr. Volker Müller,
Bernadette Schweda, Sabrina Sperlich, Siegfried F. Wolf