Berlin: (hib/MMÜ) Zukünftig soll die internationale Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria nicht mehr einem "geberorientierten", sondern einem harmonisierten "partnerland-orientierten" Ansatz folgen. Da somit die Empfängerländer die entsprechenden Mittel per Antrag aus einem einzigen globalen Fonds erhalten, müssen diese nicht länger die unterschiedlichen Prioritäten und Kontrollmechanismen der Geberländer beachten. Dies äußerten übereinstimmend Peter Piot von UNAIDS sowie Christoph Benn vom "Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria" in der heutigen Anhörung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zum Thema "Internationale Koordinierung und Harmonisierung der Bekämpfung von HIV/AIDS". Obwohl "manche gut gemeinten Vorhaben unter einer mangelnden Koordination leiden", sei eine verbesserte Koordinierung unter den Geberländern nicht der Zweck, sondern das Mittel, um betroffenen Menschen effektive Hilfe bieten zu können. Für Deutschland empfiehlt Benn, eine verstärkte Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen sowie die Nutzung multilateraler Instrumente, um die in Osteuropa und Zentralasien schwache bilaterale Präsenz auszugleichen.
Professor Reinhard Kurth vom Robert Koch-Institut regte an, die "größte medizinische Katastrophe der Neuzeit" in einen "breiteren Kontext" zu stellen und auch die Ursachen, die zur Ausbreitung des HIV-Virus führen, verstärkt zu bekämpfen. Hierzu gehörten in erster Linie der Drogenmissbrauch sowie "survival sex", wie Kurth die zum wirtschaftlichen Überleben notwendige Prostitution von Menschen bezeichnete. Denn Prävention sei der "Impfstoff der Gegenwart". Daneben bewertete Kurth die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Impfstoffforschung als gut, gab jedoch auch zu bedenken, dass die AIDS-Forschung in Deutschland unter mangelnder Koordination leide. Entsprechende Anfragen an das Bundesministerium für Bildung und Forschung seien bisher unbeantwortet geblieben.
UNAIDS-Direktor Piot misst dem Thema AIDS mittlerweile denselben internationalen Stellenwert wie der Abrüstung von Nuklearwaffen und der Bekämpfung von Armut zu. Ein großes Problem sei, dass die epidemische Ausbreitung des HIV-Virus ebenfalls zu einer "Epidemie von Hilfsmissionen" geführt habe. Als Beispiel führte Piot Tansania an. Obwohl das Land über einen eigenen nationalen Plan mit eigenen Zielsetzungen verfüge, seien allein im vergangenen Jahr 50 Missionen angelaufen. Nun stelle sich die Frage, wie diese Anstrengungen "rationalisiert" werden können, um einen "maximalen Nutzwert" zu erreichen. Weiter kritisierte Piot, dass die Geberländer bei der technischen Unterstützung oftmals darauf bedacht seien, Produkte aus dem eigenen Land zu liefern. Auch Michael Röskau von der OECD-Direktion für Entwicklungszusammenarbeit mahnte an, bei der Entwicklungshilfe die "nationale Flagge einzuholen". Ergebnisse könnten nur gemeinsam erzielt werden.
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