Gut ein Jahr nach der Havarie des Öltankers "Prestige" vor der spanischen Küste beginnt eine europäische Gesetzgebung zur Eindämmung der Meeresverschmutzung durch Schiffe Gestalt anzunehmen. Ein entsprechender Richtlinienvorschlag der Kommission, der einerseits der Umsetzung des internationalen Übereinkommens über die Verhütung der Verschmutzung durch Schiffe (Marpol) dienen soll, darüber hinaus aber auch Verschmutzungshandlungen unter Strafe stellt, wurde am 13. Januar vom Europäischen Parlament nach dem Mitentscheidungsverfahren in erster Lesung beraten
Zwar ist die Prestige-Katastrophe, die zu einer schwerwiegenden und noch bis heute anhaltenden Verschmutzung des Meeres und der Küsten Spaniens, Frankreichs und Portugals führte, der unmittelbare Anlass für die Gesetzgebungsmaßnahme, doch der größte Teil der weltweiten Meeresverschmutzung durch Schiffe erfolgt nicht durch Schiffshavarien, sondern durch vorsätzliche Einleitungen von Schweröl und sonstigen Schadstoffen, wie die Kommission zur Begründung ihrer Initiative hervorhebt. Aus Sicht der Brüsseler Behörde macht es daher wenig Sinn, alle möglichen Maßnahmen zur Vorbeugung zu ergreifen, wenn nicht gleichzeitig mit drastischen Sanktionen gegen bewusste Umweltschädigungen vorgegangen wird.
Das Europäische Parlament unterstützt die Kommission, möchte jedoch sicherstellen, dass auch bereits das Unterlassen einer möglichen Handlung zum Schutz der Meeresumwelt als strafwürdig anzusehen ist. Erneut fordern die Abgeordneten die Umsetzung ihres Vorschlages, eine europäische Küstenwache zur Verstärkung der Überwachung einzurichten. Jährlich gibt es Tausende von Fällen, bei denen absichtlich Abfall und Frachtreste ins Meer geleitet werden, wobei die Schadensverursacher selten aufgespürt werden.
Die größte Hürde für die neue Gesetzgebung dürfte im Ministerrat der EU zu überwinden sein. Hätten die Mitgliedstaaten der EU und der Beitrittsländer zu ihren gegenüber dem Europarat eingegangenen Verpflichtungen gestanden, gäbe es bereits einen vorbeugendes Umweltschutz mittels strafrechtlicher Vorschriften. 1998 legte die Straßburger Staatenorganisation ein solches Übereinkommen mit den bisher weitestgehenden Rechtsvorschriften auf, das bisher jedoch noch von keinem EU-Mitgliedstaat ratifiziert worden ist.