Der bekannte Zukunftswissenschaftler und Freizeitforscher beschreibt ausführlich die "demographische Zeitenwende" - immer mehr langlebige Alte und immer weniger arbeitsfähige Junge - und die damit verbundenen Probleme und Belastungen in den Industrieländern. Dennoch ist er überzeugt, dass es zu keinem ernsthaften Konflikt zwischen Jung und Alt kommen wird, wenn Politik und Öffentlichkeit den objektiven Schwierigkeiten ehrlich ins Auge schauen und zu echter Solidarität finden.
Ansätze dazu sieht der Autor allenthalben. Wo drei und vier Generationen nebeneinander leben, zwar nicht mehr unter einem Dach, aber verbunden durch Telephon und regelmäßige Besuche, hilft man sich sehr viel intensiver als in früheren Zeiten. Gerade weil sich die Generationen meist nicht mehr auf der Pelle sitzen, sondern nur noch "multilokal" vernetzt sind, fühlt man sich für einander verantwortlich und leistet erstaunliche materielle und soziale Hilfe.
Die Zukunft, so Opaschowskis Vision, wird aus drei Säulen bestehen: Der Staat garantiert Dienstleistungen in Form einer Mindestrente und einer Grundsicherung für Krankheit und Pflege. Dazu kommen zweitens kommerzielle Leistungen des Einzelnen in Form von Zusatzversicherungen und drittens die erwähnten sozialen Dienstleistungen von Familie und Freunden. Dieses dreistufige Modell ersetzt, so die Kernaussage, den bisherigen Generationenvertrag durch einen neuen Generationenpakt.
Hauptproblem ist dabei in der Bundesrepublik die rückläufige Geburtenzahl. Wäre weltweit wie in Deutschland jede dritte Frau lebenslang kinderlos und läge die Geburtenrate bei 1,3 Kinder pro Frau, wäre in 120 Jahren die Menschheit so gut wie ausgestorben. Darum plädiert Opaschowski geradezu händeringend dafür, allen Frauen in Deutschland zu ermöglichen, Kinder zu bekommen und trotzdem berufstätig zu sein. Nötig sind genügend Kinderkrippen und Horte, eine achtstündige Betreuung der Kinder in Ganztagschulen und steuerliche Honorierung von Erziehungsleistungen. "Eine tendenziell kinderlose Gesellschaft kann keine Zukunft haben".
Politik und Wirtschaft haben den gravierenden gesellschaftlichen Veränderungen zu lange zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Insofern kann man nur hoffen, dass die aufgezeigten Anregungen und Modelle aufgegriffen werden. Geschieht das nicht, sind soziale Brüche langfristig sicherlich unvermeidlich.
Kritisch sei angemerkt, dass "Mister Zukunft" die Bereitschaft zu solidarischem Engagement ein wenig überschätzt. Ein Teil der gesellschaftlichen Probleme liegt auch in der enormen und ständig wachsenden Einkommens- und Vermögensungerechtigkeit. Solange eine Minderheit Millionenbeträge bedenkenlos einstreicht und Millionen am oder unter dem Existenzminimum leben müssen, ist eine übergreifende Solidarität, selbst unter den betroffenen Familien, nur schwer vorstellbar.
Horst W. Opaschowsky
Der Generationenvertrag.
Das soziale Netz der Zukunft.
W. Buchgesellschaft, Darmstadt 2004; 253 S., 9,80 Euro