In der ab Mai erweiterten Europäischen Union mit mehr als 500 Millionen Bürgern müssen wir mehr denn je Brücken zwischen den Kulturen schlagen und zum gegenseitigen Verständnis der Menschen, aber auch zum kulturellen Zusammengehörigkeitsgefühl beitragen." Mit diesen Worten präsentierte die für die Bereiche Kultur, Bildung und Sport zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding am 9. März im Europäischen Parlament in Straßburg eine neue Generation der Bildungs- und Kulturprogramme der Union für den Zeitraum 2007 bis 2013 vor. Die Programme, die im Zuge der Lissaboner Strategie zur Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der EU und mit Blick auf die EU-Osterweiterung finanziell erheblich aufgestockt werden sollen, waren kurz zuvor von den in Straßburg tagenden 20 EU-Kommissaren beschlossen worden. Umgesetzt werden die Programme zu 80 Prozent von dazu besonders beauftragten nationalen Agenturen.
Auch wenn die EU gegenüber den Mitgliedstaaten nur eine sehr begrenze Zuständigkeit in kulturellen Fragen hat, so wird die neue Generation der Erziehungs- und Bildungsprogramme, die zum großen Teil auf bewährte Vorgängerprojekte aufbauen, durch einen erheblichen europäischen Markt gegenüber einer Summe von vergleichbaren nationalen Aktionen gerechtfertigt. Betroffen sind die Bereiche Schulen, Berufsbildung und Erwachsenbildung. Besonders gefördert werden sollen Fremdsprachenkenntnisse, die Anwendung neuer Technologien und die Veröffentlichung von Forschungsarbeiten, um doppelte Arbeit und Kosten zu vermeiden.
In den einzelnen Bereichen sind die angestrebten Ziele recht ehrgeizig. So soll, auch unterstützt durch die geförderten Schulpartnerschaften, bald jeder zehnte Schüler statt bisher jeder 33. an dem Austausch-Programm Comenius teilnehmen können. Bei Erasmus, dem Austauschprogramm für Studenten, soll die Zahl der Hochschüler, die eine Zeitlang an einer oder mehreren Universitäten in Nachbarstaaten studieren, von heute 120.000 jährlich um 360.000 gesteigert werden, so dass es 2010 drei Millionen Austauschstudenten geben wird. Das Programm Tempus Plus, das bisher nur den Hochschulbereich betraf, soll in seiner neuen Ausrichtung auch auf Schulen und Berufsbildung ausgeweitet werden. Von den berufsbildenden Maßnahmen des Leonardo-Programms sollen statt bisher 45.000 Teilnehmer in wenigen Jahren 150.000 im Jahr profitieren können.
Weiter stellte Viviane Reding die Kommissionsinitiative "Bürger in Aktion" vor, die die Bereiche Jugend, Kultur und Medien umfasst. Als Beispiel für die angestrebten Ziele nannte sie eine stärkere Beteiligungsmöglichkeit von Jugendlichen am europäischen Freiwilligendienst, der zusätzlich zu den Einzelteilnehmern auch auf Gruppen ausgedehnt werden soll. Mit "Media Plus" soll in Zukunft erreicht werden, dass künftig 20 Prozent der in einem EU-Land hergestellten Filme auch in den anderen Mitgliedstaaten zu sehen sein werden, sei es durch Hilfen für die Synchronisierung oder mit Untertiteln. Damit wird die Hoffnung verbunden, dass europäische Filme auch international mehr Aufmerksamkeit finden. Als Instrument der Verbreitung will die EU-Kommission besonderes Gewicht auf die Nutzung von DVDs legen, die schon heute 40 Prozent aller Filmtitel ausmachen und den Vorteil der Auswahl mehreren Sprachen haben. So kann der Konsument zumindest zwischen der Originalsprache und der eigenen Sprache wählen und nach Bedarf zwischen ihnen wechseln.