Die Mitgliedstaaten der EU sollen zwar generell die Mehrwertsteuer auf alle Postdienstleistungen erheben, aber zugleich die Möglichkeit erhalten, auf Sendungen mit einem Gewicht von weniger als zehn Kilogramm einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anwenden dürfen.
Mit diesem Beschluss hat das Europäische Parlament am 11. März in Straßburg einen Vorschlag der EU-Kommission zur Einführung von Mehrwertsteuern auf Postdienstleistungen im Wesentlichen abgeändert. Nach dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission aus Brüssel sollten alle Sendungen mit einem Gewicht von mehr als zwei Kilogramm mit einer Mehrwertsteuer zum Normalsatz von in Luxemburg derzeit 15 Prozent belegt werden.
Die Notwendigkeit zur Besteuerung von Postdienstleistungen auf EU-Ebene ergibt sich aus der Liberalisierung der bis vor wenigen Jahren fast überall noch als Staatsmonopol betriebenen Postdienste. Da inzwischen viele private Unternehmen in diesem Sektor nicht nur auf nationaler, sondern auch internationaler Ebene tätig sind, muss im Sinne gleicher Wettbewerbschancen auch eine steuerliche Gleichbehandlung im Binnenmarkt erfolgen.
Von dieser Sicht ging ähnlich wie die Kommission auch der schwedische Berichterstatter Olle Schmidt von den Liberalen aus, indem er in Straßburg die Auffassung vertrat, dass die derzeitige ungleiche steuerliche Behandlung wegen der wettbewerbsverzerrenden Auswirkungen nicht eine Änderung der gesetzlichen Grundlagen verlange. Er empfahl, wie auch Astrid Lulling (L) als Wortführerin der EVP, die Annahme des Richtlinienvorschlages unter Einbeziehung von zwei weiteren wichtigen Änderungen.
Die SPE sprach sich mehrheitlich gegen eine Steuerharmonisierung aus, wobei sich ihr Sprecher Robert Goebbels auf die 1991 von der EU beschlossene Einführung eines abgestuften ermäßigten Steuersatzes in bestimmten, abgegrenzten Bereichen berief, durch den den EU-Mitgliedstaaten durchaus Spielraum für nationale Regelungen bis hin zur Steuerfreiheit zugebilligt worden sei. Seine Fraktion sei mehrheitlich gegen eine Mehrwertsteuer auf Postdienstleistungen, zumal auf die Verbraucher möglicherweise höhere Porti oder Gebühren zukämen. Ein entsprechender Änderungsantrag, den Kommissionsvorschlag zurückzuweisen, fand jedoch im Parlament keine Mehrheit.
Die jetzt vom Parlament befürwortete Lösung sieht vor, dass der Grenzwert für das Gewicht einer Standardpostsendung, auf die der ermäßigte Satz Anwendung finden kann, von zwei auf zehn Kilogramm angehoben wird. Damit würden Zeitungen, Wochenzeitschriften, Bücher oder Kataloge unter den ermäßigten Satz fallen.