Mit einer Niveausicherungsklausel für die gesetzliche Rentenversicherung will der Bundestag dafür sorgen, dass die Höhe der Altersbezüge vor Steuern nicht unter 46 Prozent eines Durchschnittslohns nach Sozialabgaben im Jahr 2020 und 43 Prozent im Jahr 2030 absinkt. Nach einer kontrovers geführten Debatte beschloss das Parlament am 11. März mit 302 zu 291 Stimmen das "Renten-Nachhaltigkeitsgesetz" der Koalition. Während SPD und Bündnisgrüne einen Beitrag zur langfristigen Stabilität für sich in Anspruch nehmen, spricht die Opposition von einer "Farce".
Die Rentenversicherung bleibt für die Beschäftigten bezahlbar, ist Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) überzeugt. Das Gesetz schaffe Verlässlichkeit für die heutigen wie für die zukünftigen Rentner und begünstige wegen der niedrigeren Beiträge die wirtschaftliche Dynamik. Die Einführung des so genannten "Nachhaltigkeitsfaktors", mit dem bei der Rentenanpassung künftig das Verhältnis von Rentnern zu Erwerbstätigen berücksichtigt wird, stelle sicher, dass die Rentner weiterhin vom wachsenden Wohlstand profitieren. Gleichzeitig mache die Regierung damit klar, dass die gesetzliche Rentenversicherung allein den Lebensstandard nicht sichert. An die junge Generation geht das Signal: Ihr müsst privat oder betrieblich vorsorgen.
Das Gesetz trägt weder zur Sicherheit der Rentner bei noch schafft es Verlässlichkeit für die Lebensplanung künftiger Generationen, glaubt dagegen Horst Seehofer (CDU/CSU). Da diese Reform eine "reine Farce" sei, gebe es keine Gemeinsamkeiten in der Rentenpolitik. Der Abgeordnete konstatierte, die "Jahrhundertreform" der Riester-Rente habe nicht einmal anderthalb Jahre gehalten. Nun sei die Regierung so weit, zum ersten Mal in der Geschichte die Rente zu kürzen. Zur Niveausicherungsklausel erklärte Seehofer, die anvisierte Höhe und ein Beitragssatz von 22 Prozent ließen sich nur halten, wenn die Beschäftigten bis zum 70. Lebensjahr arbeiteten.
In einem Entschließungsantrag forderte die Union ein Gesamtkonzept, welches Vertrauen schafft und die Akzeptanz der Bevölkerung findet. Die Parlamentarier sprachen sich für einen erweiterten Demographiefaktor aus und forderten eine Familienkomponente in der Pflegeversicherung.
Birgitt Bender (Bündnis 90/Die Grünen) warf der Opposition vor, ihrer politischen Verantwortung nicht gerecht zu werden. Anstelle selbst Vorschläge zu machen, wollten CDU/CSU und FDP die Abstimmung verschieben. "Totale Fehlanzeige" laute die Antwort auf die Frage nach einem alternativen Finanzierungskonzept. Nach dem Jahr 2008 müsse die Regierung entscheiden, ob zur Sicherung des Rentenniveaus ein höheres Renteneintrittsalter notwendig ist. Die Abgeordnete verwies auf die Renteninformationen, die nun regelmäßig verschickt würden. Dadurch wüssten die Bürger, was sie konkret von ihrer Altersversorgung erwarten könnten.
Für die FDP warf Heinrich L. Kolb der Koalition vor, mit "Gesetzeslyrik" entschlossenes Handeln zu simulieren. Es sei unabdingbar, den Menschen die Wahrheit zu sagen. So könne niemand eine Garantie für ein Rentenniveau geben. In einem Entschließungsantrag forderte seine Fraktion, die "Subvention Frühverrentung" umgehend zu beenden. Die Beitragszeiten könnten durch kürzere Ausbildungszeiten auch ohne Anhebung der Regelaltersgrenze verlängert werden.
Neben der Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors und der Sicherung des Rentenniveaus heben die Koalitionsfraktionen mit dem Gesetzentwurf die Altersgrenze für den frühestmöglichen Beginn der Altersteilzeit auf das 63. Lebensjahr an. Außerdem werden künftig nur noch Ausbildungszeiten auf Fachschulen und berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen bei der Rentenberechnung berücksichtigt.