Mit der Korruption hat sich der Europäische Rechnungshof in seinem Sonderbericht über die Abwicklung von Phare-Investitionsprojekten in Rumänien und Bulgarien nur am Rande beschäftigt. In der Regel würden nur kleine Beträge veruntreut, sagt Maarten B. Engwirda, der den Bericht am 20. Juni vorstellte. Alle anderen Fehler wurden bei den Phare-Projekten in beiden Ländern reichlich begangen - vor allem auf Seiten der EU-Kommission. Sie habe "die Behörden der beiden Länder überschätzt, den Grundsatz der Nachhaltigkeit und der Kofinanzierung vernachlässigt und den Nutzen der Projekte falsch beurteilt", so Engwirdas kritisches Urteil.
Das Phare-Programm wurde 1997 eingerichtet, um die Kandidatenländer bei der Vorbereitung auf den Beitritt zu unterstützen. Von 2000 bis 2004 flossen 551 Millionen Euro nach Bulgarien und 1,4 Milliarden Euro nach Rumänien - Starthilfe für den 2007 geplanten Beitritt beider Länder. Der Rechnungshof hat 48 Projekte davon mit einem Finanzierungsvolumen von 65 Millionen Euro genauer untersucht. Er bescheinigt der Kommission, dass aufgrund einer strengen Vorabkontrolle keine Mittel aus dem EU-Haushalt veruntreut wurden. Doch bei konkreten Projekten gab es eine Reihe von Fehlschlägen.
Gebaut wurde beispielsweise eine Brücke über den Fluss Prut, der die Grenze zwischen Rumänien und Moldavien bildet - für 3,1 Millionen Euro. Ein Bindeglied zwischen den beiden Ländern ist sie aber nicht, denn auf der moldavischen Seite gibt es weder eine Grenzstation noch eine Anschlussstraße. Auch eine Messehalle in Constanta, die bereits 3 Millionen Euro aus dem EU-Haushalt verschlungen hat, wurde nicht zu Ende gebracht, weil die lokalen Behörden ihre Baugenehmigung zurückzogen. Die Privatisierung der bulgarischen Staatsbetriebe wurde ebenfalls von Phare unterstützt. Statt - wie geplant - Investitionen in bis zu 15 Unternehmen vorzunehmen, erwarben die Bulgaren mit den Phare-Geldern aber nur Anteile an sechs Unternehmen, von denen eins bald darauf Konkurs anmelden musste. Die Verwaltungsaufwendungen in Höhe von 4,5 Millionen Euro, die bei der Privatisierung anfielen, waren nach Ansicht des Rechnungshofes, "unverhältnismäßig hoch".
Als "Schlag ins Wasser" erwies sich auch der Versuch, das rumänische "Asylsystem an die EU-weit geltenden Verfahren und Praktiken anzupassen". Der Löwenanteil der 1,6 Millionen Euro für dieses Projekt wurde für zwei Asylbewerberheime in Galati und Timisoara ausgegeben. Als die Rechnungsprüfer der EU im Juni letzten Jahres in Galati auftauchten, irrte allerdings nur eine Gruppe von 19 Flüchtlingen aus Bangladesh durch die leeren Flure. Der Rechnungshof führt solche Fehlschläge darauf zurück, dass die Kommission den Bedarf falsch eingeschätzt habe und die Verwaltungen den Anforderungen der EU nicht gewachsen sei. "Zu ehrgeizige Zielsetzungen und Termine" seien die Folge. In vielen Fällen fehle den Rumänen und den Bulgaren auch die Kofinanzierung. Besonders Gründer- und Technologiezentren, die Brüssel großzügig unterstützt hat, seien dadurch in ihrer wirtschaftlichen Lebensfähigkeit bedroht. Sie wurden in den letzten Jahren mit Hilfe von Phare errichtet. Für den Unterhalt haben Rumänen und Bulgaren jetzt aber kein Geld mehr.