Politiker bekommen gelegentlich zu hören, sie würden Wasser predigen, aber Wein trinken. Manchmal ist der Vorwurf berechtigt, manchmal nicht. Dem neuen Bau- und Umweltsenator von Bremen wird jetzt ein ähnlicher Vorwurf gemacht, der in diesem Fall unstreitig zutrifft: Ronald-Mike Neumeyer predigt Erdgas, aber tankt lieber Diesel.
Der CDU-Politiker, seit Ende Februar Nachfolger seines Parteifreundes Jens Eckhoff, wirbt wie dieser gerne für Erdgasfahrzeuge "als Beitrag gegen den Klimawandel". Schon wenige Tage nach seinem Amtsantritt lud Neumeyer die Lokalpresse zu einem Fototermin: Übergabe eines neuen Erdgastaxis. "Ich begrüße es ausdrücklich, dass gerade Vielfahrer und Multiplikatoren wie das Taxigewerbe sich zunehmend für diese umweltfreundliche Alternative entscheiden", sagte er bei dem Termin und hob hervor, dass sich seine Behörde an einem Förderprogramm beteiligt, das den Kauf von Erdgaswagen bezuschusst.
Er selber hat es allerdings vorgezogen, den Erdgas-Dienstwagen seines Vorgängers aus dem Verkehr zu ziehen. Eckhoffs Leasing-Limousine war gerade wenige Monate alt, da stieg Neumeyer vorzeitig aus dem Vertrag aus und auf ein Diesel-Modell um - immerhin mit modernstem Partikelfilter und angeblich ohne Zusatzkosten. Ob er wohl dachte: Das merkt doch keiner? Gemerkt hat es zunächst die Presse. Ihre Berichte waren ein gefundenes Fressen für die Grünen: In der Fragestunde der Stadtbürgerschaft (also des Bremer Kommunalparlaments ohne die Bremerhavener Abgeordneten) erkundigte sich die Oppositionsfraktion jüngst genüsslich nach den Gründen des Modellwechsels. Die Antwort des SPD/CDU-Senats: Für Erdgaswagen herrsche eine "nach wie vor unbefriedigende Tankstellensituation". Deshalb müsse das Auto, das sowohl mit Gas als auch Benzin fahren kann, bei längeren Dienstreisen auf Benzinbetrieb umgestellt werden. Da es aber wegen der doppelten Tanks besonders schwer sei, steige dann auch der Benzinverbrauch. "Dieser Nachteil steht dem ökologischen Vorteil eines Erdgasfahrzeuges insbesondere im Stadtbetrieb entgegen und hat deshalb in der Abwägung zum Ersatz des Erdgasfahrzeuges geführt", schreibt der Senat in seiner Antwort. Was Neumeyer wohl nicht so recht in seine Abwägung einbezogen hat: Zur Dienstwagenflotte seiner Behörde gehören auch einige kleinere und leichtere Erdgas-Autos, die er für längere Fahrten nutzen könnte. Außerdem verfügt Bremen über einen Bahnanschluss.
Kritiker glauben ohnehin nicht recht, dass sich der neue Senator vorrangig um den Benzinverbrauch auf langen Dienstreisen sorgte. "Der wollte nur ein spurtstärkeres Modell haben", vermuten sie.
Die Grünen lästern inzwischen: "Ausgerechnet der Bremer Umweltsenator konterkariert so die Bremer Offensive für Erdgasautos. Megapeinlich, dass Senator Neumeyer ein Negativ-Beispiel abgibt."