Der Senat unter Leitung des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) hat sich zur Vorstellung des Gesamtkonzepts an den Ort begeben, der wie kaum ein anderer das Leiden der Menschen in der von 1961 bis 1989 geteilten Stadt dokumentiert - die Bernauer Straße, durch die hindurch die Mauer verlief und die durch das Foto eines DDR-Grenzsoldaten weltberühmt wurde, der in Uniform über den sich langsam in die Höhe ziehenden Stacheldraht springt und dabei sein Gewehr wegwirft. In dieser Straße nahe des neuen Berliner Hauptbahnhofs sprangen 1961 die Menschen zu Dutzenden aus den Fenstern der Häuser, die bald zugemauert werden sollten, oder krochen durch eilig gegrabene Tunnel auf die andere Straßenseite, die die Freiheit bedeutete.
Die Bernauer Straße verfügt über ein Stück Mauergelände, das nun erweitert werden soll, und eine Gedenkstätte in der Versöhnungskapelle, die auf dem Ort errichtet wurde, auf der früher eine Kirche stand, die dann dem Todesstreifen weichen musste. Bis zum 50. Jahrestag der Mauer am 13. August 2011 soll das Konzept umgesetzt sein. Nach Angaben des Senats sind mit Kosten in Höhe von rund 40 Millionen Euro zu rechnen - mindestens die Hälfte davon erhofft man sich von der Bundesregierung. Das sind die zentralen Punkte des Konzepts:
Bernauer Straße bis East-Side-Gallery
Wie nicht anders zu erwarten, gibt es von den Oppositionsparteien im Berliner Abgeordnetenhaus Kritik: Für die CDU ist das Konzept, das viel zu spät komme, nicht wirklich durchdacht. Der FDP mangelt es an einem emotionalen Element, das nicht zu kurz kommen dürfe. Und auch die Grünen sind nicht zufrieden. Einzelne Verbesserungen schließt der Senat nicht aus, der davon ausgeht, dass das Konzept nun breit diskutiert wird. Noch in diesem Jahr will der Senat die ersten zehn Millionen Euro für die Umsetzung zur Verfügung stellen. Heute weiß man, dass nach der Öffnung der Mauer das verhasste Bollwerk zwischen Ost und West zu schnell und zu gründlich abgerissen worden ist. Schon 1990 wurden die ersten Forderungen laut, einen Teil der Mauer für nachfolgende Generationen zu erhalten.
Nicht nur Berlin-Touristen, sondern auch Berliner selbst begeben sich heute auf die schwierige Suche nach Erinnerungen an die Mauer. Etwa am Brandenburger Tor, wo der Todesstreifen durch eingelassene Streifen markiert ist. Oder am Checkpoint Charlie, dem Ort in der Friedrichstraße, wo sich im Oktober 1961 amerikanische und russische Panzer gegenüberstanden und wo es um die Durchsetzung des Viermächtestatus ging. Die FDP bemängelt, dass in dem Konzept des Senats dieser Checkpoint Charlie zu stark auf die Supermächte reduziert werde. Hier solle das private Mauermuseum an gleicher Stelle einbezogen werden. Der Senat ist überzeugt, dass sein Konzept alle zentralen Orte der Mauer erschließt und ihnen spezifische Themen zuweist. Außerdem würden die Orte aufeinander bezogen und sowohl durch moderne Medien als auch durch den Nahverkehr miteinander verknüpft. Ziel ist es eben, diese Orte für jedermann auffindbar und dort "Geschichte nachvollziehbar und erlebbar zu machen".
Ein Streit darüber, warum ein solches Gesamtkonzept so lange gedauert hat, führt nun nicht mehr weiter. Wichtig ist, dass das Konzept - vor allem in der Bernauer Straße - nach dem Willen des Senats in einem Wettbewerb unter starker Beteiligung der Berliner Bevölkerung möglichst schnell umgesetzt wird - damit die Mauer nicht in Vergessenheit gerät und sich auch die junge Generation ein Bild davon machen kann, was es bedeutete, dass Berlin mehr als vier Jahrzehnte geteilt war. Ende 2004 bestimmte der Deutsche Bundestag, das Gelände rund um das Brandenburger Tor als Ort des Erinnerns an die Mauer und ihre Opfer auszubauen. Ferner sollte nach diesem Beschluss ein Gesamtkozept zur Dokumentation und zur Erinnerung an die Mauer erstellt werden. Nun hat der Senat dieses Konzept vorgelegt.