Seit Jahren fährt Sachsens Regierung einen rigiden Sparkurs. In dieser Disziplin gilt der Freistaat als ostdeutsches Musterland. Deshalb ziert er sich auch, wenn mittlerweile bei den Nachbarn vorsichtig über eine Fusion der mitteldeutschen Länder nachgedacht wird. Die Schulden Thüringens und Sachsen-Anhalts will man sich nicht aufladen. Im Gegenteil. Noch vorbildlicher will vor allem die CDU-Fraktion im Sächsischen Landtag dastehen. Die jüngst von Bundestag und Bundesrat beschlossene Anhebung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent müsse dazu genutzt werden, früher als geplant im Landeshaushalt ohne neue Schulden auszukommen, meint ihr finanzpolitischer Sprecher, Uwe Albrecht. Sachsen erwartet jährliche Mehreinnahmen von 250 Millionen Euro durch die Mehrwertsteuer. Ursprünglich wollte man erst 2009 ohne neue Schulden planen.
Das Vorpreschen des Koalitionspartners trifft allerdings nicht auf die ungeteilte Zustimmung der SPD. Sparen um jeden Preis ist für sie nicht das Ziel der Regierungspolitik. Schon lange beäugt sie familienpolitische Vorstöße des großen Koalitionspartners mit Unbehagen. Am Anfang der Haushaltsberatungen sollten die politischen Schwerpunkte gesetzt werden, forderte nun ihr Finanzfachmann Mario Pecher. Der Abbau der Nettoneuverschuldung dürfe nicht zu Lasten der bildungs- und sozialpolitischen Ziele der Koalition gehen. Wirtschaftsminister Thomas Jurk, der gleichzeitig auch SPD-Vorsitzender in Sachsen und stellvertretender Ministerpräsident ist, will den erwarteten Geldsegen dazu nutzen, in den Kindergärten ein schulvorbereitendes Jahr ohne Elternbeiträge einzuführen. Das würde mit 30 Millionen Euro jährlich zu Buche schlagen. Gleichzeitig sieht er auch die Notwendigkeit, das bisherige Landeserziehungsgeld den bundespolitischen Vorgaben durch das Elterngeld anzupassen. Bislang zahlt der Freistaat jungen Eltern im Anschluss an das Bundeserziehungsgeld noch einmal bis zu neun Monate einen einkommensabhängigen monatlichen Betrag von maximal 205 Euro, beim dritten Kind 307 Euro.
Für die Opposition sind das alles symbolische Debatten. Der finanzpolitische Sprecher der PDS-Fraktion, Ronald Weckesser, verwies darauf, dass es ein Leichtes sei, die Neuverschuldung dank der Umsatzsteuer zurückzufahren. "Bisher hat allerdings die SPD solche Vorschläge unter Verweis auf den Koalitionsvertrag immer zurückgewiesen." Auf Weckessers Wunschliste stehen die Kommunen als Profiteure der Mehreinnahmen.
Bei aller Vorfreude auf den Geldsegen durch die Umsatzsteuer kann der Freistaat Sachsen nicht an den Tatsachen vorbeigehen. Auch wenn Städte wie Dresden und Leipzig Einwohnerzuwächse verzeichnen, so werden die Sachsen insgesamt - und damit auch die Steuerzahler - weniger. Teilweise durch Geburtenmangel, teilweise durch Wegzüge vor allem aus den strukturschwachen Gebieten. 40 Millionen Euro weniger Steuereinnahmen als geplant sieht die jüngste Mai-Steuerschätzung voraus. Das machte Finanzminister Horst Metz (CDU) zwar regelrecht glücklich, hatte er doch mit 250 Millionen "Miesen" gerechnet. Dennoch bleibt sein Rechenstift gespitzt. Die kommenden Haushaltsberatungen dürften spannend werden, zumal die Reibungen innerhalb der regierenden Zweckgemeinschaft aus einstigen politischen Gegnern immer wieder zutage treten. So musste Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) seinen Vorstoß für die Einführung von Studiengebühren wieder rückgängig machen, weil Wissenschaftsministerin Barbara Ludwig (SPD) sich vehement dagegen sträubte. Ob dieser Widerstand künftig schwächer wird, wenn die Protagonistin als Oberbürgermeisterin nach Chemnitz wechselt, ist längst nicht gewiss.