Höhepunkt der Haushaltsdebatte vom 20. bis 23. Juni war die traditionelle Generalaussprache im Zusammenhang mit dem Einzelplan der Bundeskanzlerin. Im Hinblick auf ein strukturelles Defizit in Höhe von 60 Milliarden Euro und die gegebenen Haushaltsrealitäten seien nach den Worten Merkels begrenzte Steuererhöhungen ab 2007 erforderlich. Sie wisse, dass dies die Menschen belaste. Zugleich stimmte sie die Bürger im Zusammenhang mit der Gesundheitsreform auf höhere Kosten ein. Merkel kündigte an, dass die Eckwerte hierzu noch vor der Sommerpause vorgelegt werden. Zur Politik der Großen Koalition sehe sie keine Alternative. Die Regierungschefin unterstrich: "Wir machen dieses Land zukunftsfest." Man habe in den vergangenen sieben Monaten "einiges geschafft" und in den nächsten Monaten habe man noch viel vor. Die "Grundausrichtung" der Koalition sei richtig.
Naturgemäß wird eine solche Äußerung stets von den Oppositionsparteien bestritten. Für die FDP hob deren Fraktionsvize Rainer Brüderle hervor, dass sich bereits jetzt Enttäuschung über die schwarz-rote Koalition breit mache. Der im Wahlkampf versprochene Politikwechsel sehe heute so aus: "Mehr Steuern, mehr Staat, mehr Bürokratie", unterstrich der Politiker. Der FDP-Partei- und Fraktionsvorsitzende Guido Westerwelle bezeichnete die Steuererhöhungen als eine "Veräppelung" der Bürger, eine "schlichte Unverschämtheit".
Für die Linksfraktion bemängelte deren Ko-Vorsitzender Gregor Gysi, man habe keine "gerechte Vermögenssteuer, keine gerechte Veräußerungserlössteuer, keine gerechte Körperschaftssteuer, keine internationale Börsensteuer", womit Sozialabbau verhindert und mehr Gerechtigkeit finanziert werden könne.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Olaf Scholz, machte deutlich, dass man heute unter Schwarz-Rot weiterentwickele, was unter der rot-grünen Bundesregierung angefangen wurde. Die Sozialdemokraten machten da weiter und man beginne keine Kehrtwende in der Politik.
Renate Künast, Ko-Fraktionssprecherin der Grünen, warf der Regierung und die sie tragenden Parteien vor, sie böten keine wirklichen Lösungen an. Viel mehr als den kleinsten gemeinsamen Nenner hätten sie nicht erreichen können.
Der Bundeshaushalt 2006 ist am 23. Juni mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD und gegen das Votum der Opposition aus FDP, Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen angenommen worden. Die halbjährige Verzögerung ist duch die vorgezogenen Bundestagswahlen im vergangenen September entstanden. Die neue schwarz-rote Regierung musste einen neuen Etat erstellen, den sie im März in die parlamentarischen Beratungen einbrachte.
Der Etat sieht Gesamtausgaben in Höhe von 261,6 Milliarden Euro vor. Die Neuverschuldung beträgt 38,2 Milliarden Euro, 7 Milliarden Euro mehr als 2005. Das ist die höchste Nettokreditaufnahme, die je in einem Haushaltsplan angesetzt wurde. Die Investitionen liegen mit 23,2 Milliarden Euro deutlich darunter. In Artikel 115 GG heißt es in Absatz 1: "Die Einnahmen aus Krediten dürfen die Summe der im Haushalt veranschlagten Ausgaben für Investionen nicht überschreiten." Aber nach Absatz 2 darf die Regierung dann höhere Schulden machen, wenn sie eine "Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts" abwehren muss.